Die Presse

Gewessler kommt nicht, Yilmaz geht

Tag zwei der Plenarwoch­e im Hohen Haus vor dem Umzug nutzten die Neos, um Leonore Gewessler mangelnden Respekt vorzuwerfe­n. Karoline Edtstadler stellte derweil eine Einigung beim Korruption­sstrafrech­t in Aussicht.

- VON JULIA WENZEL

Wien. Das Programm von Teil zwei − von drei − der Abschieds-Session im Ausweichqu­artier des Parlaments vor der Rückkehr in das Gebäude am Ring war am Mittwoch breit gefächert: Auf der Tagesordnu­ng standen neben der Dringliche­n Anfrage der Neos an Arbeitsmin­ister Martin Kocher (ÖVP) mehrere Entscheidu­ngen zur Attraktivi­erung der Pflege: So wurde die sechste Urlaubswoc­he ab 43 sowie der Pflegebonu­s für pflegende Angehörige beschlosse­n. Die Nachtarbei­t wurde ebenfalls aufgewerte­t: Alle Pflegekräf­te, die in der Nacht arbeiten, erhalten ein Zeitguthab­en von zwei Stunden. Bisher war das nicht in allen Ländern der Fall.

Die Neos stießen zuvor eine Debatte über die Geschäftso­rdnung an, die in einer Schelte von Infrastruk­turministe­rin Leonore Gewessler (Grüne) mündete: Klubobfrau-Stellvertr­eter Nikolaus Scherak warf ihr vor, jene Ministerin zu sein, die am seltensten im Hohen Haus anwesend sei. Von 29 Plenartage­n 2022 sei sie an 15 abwesend gewesen. Das sei insofern problemati­sch, als Punkte auf der Tagesordnu­ng (Erneuerbar­en-Förderpaus­chale, ÖBB-Rahmenplan) zu behandeln seien, die in ihre Zuständigk­eit fallen. In der Präsidiale bemühe man sich stets, diese dem Terminkale­nder der Minister entspreche­nd flexibel zu gestalten, doch: „Wir sind nicht für den Terminkale­nder der Ministerin verantwort­lich.“Sie empfinde es „offensicht­lich als nicht notwendig“, sich dem Parlament zu stellen.

SPÖ und FPÖ stimmten Scherak zu. Jörg Leichtfrie­d (SPÖ) schlug vor, die Punkte zu vertagen und kommende Woche eine Sondersitz­ung abzuhalten. Zudem stellte er den Antrag, die Ministerin „herbeizusc­haffen“, der allerdings in der Minderheit blieb. Christian Hafenecker (FPÖ) sprach sich ebenfalls für eine Vertagung und Sondersitz­ung aus.

ÖVP-Klubchef August Wöginger verteidigt­e die Ministerin: Die Klubobleut­e der Koalition würden sich „immer bemühen“, dass die jeweiligen Minister Zeit für die Plenarsitz­ungen hätten. Am Mittwoch war Gewessler zu einer Konferenz nach Kanada gereist. Lukas Hammer (Grüne) warf Scherak vor, es sei „populistis­ch“, so zu tun, als wäre Ministerin Gewessler das Parlament nicht wichtig. Dass sie in den Ausschüsse­n regelmäßig anwesend sei, habe Scherak nicht erwähnt. Scheraks Antrag wurde schlussend­lich abgelehnt.

SPÖ: Abschied nach neun Jahre

Inhaltlich ging es am Mittwoch unterdesse­n auch um die Reform des Korruption­sstrafrech­ts, zu der Verfassung­sministeri­n Karoline Edtstadler (ÖVP) in der Fragestund­e kundtat, dass dieses demnächst realisiert werden könne. Die Verhandlun­gen stünden „kurz vor dem Abschluss“.

Kaum Tempo kommt unterdesse­n in die Verhandlun­gen zum Informatio­nsfreiheit­sgesetz. Mit diesem soll das Amtsgeheim­nis abgeschaff­t werden. Dafür braucht die Regierung – Edtstadler verhandelt an der Seite von Vizekanzle­r Werner Kogler (Grüne) – eine Zweidritte­lmehrheit. Zudem braucht sie eine Einigung mit Ländern, Sozialpart­nern und Unternehme­n, die das Gesetz umsetzen müssen. Ein Beschluss in dieser Legislatur­periode sei möglich, betonte Edtstadler am Mittwoch.

Der Abschied von Nurten Yilmaz stand am Mittwoch ebenfalls an: Die SPÖ-Abgeordnet­e geht nach der Plenarwoch­e nach neun Jahren im Parlament in Pension. Bei der „tollen Kollegin“bedankte sich Yannick Shetty (Neos) in einem Posting auf Twitter. Er habe die Zusammenar­beit „sehr geschätzt“. In ihrer Abschiedsr­ede warb die scheidende Mandatarin für die Schaffung eines eigenen Ausschusse­s für Integratio­n. Die SPÖ-Mandatarin­nen schenkten ihr ein Trikot von Yilmaz’ Lieblingsv­erein Rapid. Ihr Mandat übernimmt der frühere Wiener Stadtrat Christian Oxonitsch.

 ?? [ Imago ] ?? Verfassung­sministeri­n Karoline Edtstadler (ÖVP) kündigte Fortschrit­te in den Verhandlun­gen zum Korruption­sstrafrech­t an.
[ Imago ] Verfassung­sministeri­n Karoline Edtstadler (ÖVP) kündigte Fortschrit­te in den Verhandlun­gen zum Korruption­sstrafrech­t an.

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