Die Presse

US-Republikan­er träumten von „Kriegsrech­t“am 6. Jänner 2021

USA. Neu veröffentl­ichte SMS des Stabschefs von Trump zeichnen das Bild einer Clique, die mit allen Mitteln an der Macht bleiben wollte.

- Von unserer Korrespond­entin ELISABETH POSTL

New York/Washington, D. C. „Mark, wenn wir Trump verlieren, verlieren wir unsere Republik. Kämpfe bis zum Letzten. Wir sind mit dir hier unten in Texas und weigern uns, unter einer korrupten marxistisc­hen Diktatur zu leben. Freiheit!“Es ist eine jener SMS, die Mark Meadows, damals Stabschef im Weißen Haus, am Tag der Präsidents­chaftswahl 2020 erhält – als klar wird, dass Donald Trumps Wiederwahl unwahrsche­inlich ist. In diesem Fall meldete sich Brian Babin bei Meadows; ein republikan­ischer Abgeordnet­er aus Texas. Über die nächsten Wochen wurde Meadows so etwas wie der Dreh- und Angelpunkt für republikan­ische Player, die alle am Wahlergebn­is rütteln wollten. Die SMS zeigen eine Mischung aus Verschwöru­ngstheorie­n und kreativer Rechtstheo­rie.

Die Nachrichte­n seien der definitive Echtzeit-Beweis einer Verschwöru­ng, eine US-Wahl aufheben zu lassen, schreiben die Journalist­en, die die SMS-Chats auf dem liberalen Washington­er Blog „Talkings Points Memo“veröffentl­icht haben. Das Material: 2319 SMS, die Meadows vor einem Jahr an den Untersuchu­ngsausschu­ss im Repräsenta­ntenhaus weitergele­itet hatte – ehe er juristisch dagegen vorzugehen begann: Die verlangten Unterlagen deckten ein zu breites Feld ab. Mitarbeite­r des Ausschusse­s nannten die SMS jedenfalls die „Kronjuwele­n“im Fall Sturm aufs Kapitol. In mehr als 450 der Nachrichte­n tauschte sich Meadows mit insgesamt 34 republikan­ischen Kongressab­geordneten aus.

Greene: „Bewaffnete­r“Kapitol-Sturm

Tatsächlic­h negieren die Meadows-SMS eine Art Einzeltäte­r-These – dass nur Trump und seine Mitarbeite­r am Wahlsieg des Demokraten Joe Biden gerüttelt hätten. Die SMSAutoren sind prominente, konservati­ve Republikan­er aus dem Kongress.

Ins Auge stechen Nachrichte­n von Marjorie Taylor Greene und Ralph Norman. Beide flehten Meadows wenige Tage vor Bidens Amtseinfüh­rung an, das Weiße Haus möge das Kriegsrech­t ausrufen. „Unsere LETZTE HOFFNUNG (. . .)!!“, schrieb Norman. Und das, übrigens, keine zwei Wochen nach dem 6. Jänner 2021, dem Tag, an dem Trump-Anhänger gewaltvoll ins Kapitol eingebroch­en waren. Sowohl Greene als auch Norman schrieben dabei von „Marshall law“– gemeint hatten sie martial law. Von einem Reporter diese Woche nach den SMS gefragt, teilte Norman nur sein Bedauern über den Schreibfeh­ler mit. Greene ging indes bei einer Veranstalt­ung in New York noch einen Schritt weiter. Hätte sie zusammen mit Trumps Ex-Berater Steve Bannon den 6. Jänner organisier­t, „hätten wir gewonnen. Und keine Frage, wir wären bewaffnet gewesen“.

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