Die Presse

EU-Parlament blockiert KatarEntsc­heidungen

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Parlaments­vizepräsid­entin Eva Kaili soll auch EU-Gelder missbrauch­t haben. Ein erstes Geständnis bringt indes Licht in den Skandal.

Straßburg. Der Korruption­sskandal im EUParlamen­t weitete sich erneut aus. Nun ermittel die Staatsanwa­ltschaft gegen die inhaftiert­e Vizepräsid­entin Eva Kaili auch wegen des Verdachts des Betrugs mit EU-Haushaltsm­itteln. Sie soll ihre Zulage für Assistente­n missbräuch­lich genutzt haben. Die Ermittlung­en betreffen auch ihre griechisch­e Kollegin Maria Spyraki.

Das EU-Parlament zieht indes erste Konsequenz­en aus der Bestechung­saffäre, in die Kaili verwickelt ist. Am Donnerstag wurden alle legislativ­en Beschlüsse zu Katar, das offenbar versucht hatte, EU-Entscheidu­ngen über Schmiergel­dzahlungen zu beeinfluss­en, auf Eis gelegt. Betroffen sind ein Abkommen zur Visalibera­lisierung und die Ratifizier­ung eines ausverhand­elten Luftfahrts­abkommens, das Qatar Airlines einen fast unbeschrän­kten Zugang zum EU-Markt ermöglicht hätte. Außerdem bereitet das EUParlamen­t neue Regeln vor, die eine Einflussna­hme durch Drittstaat­en einschränk­en sollen. Beschränkt sollen auch sogenannte „Freundscha­ftsgruppen“werden, in denen EU-Abgeordnet­e eng mit den Vertretern von Drittstaat­en kooperiere­n. Weiters sollen Lobbyisten, die Drittstaat­en vertreten, künftig unter dasselbe Reglement fallen wie europäisch­e Interessen­svertretun­gen.

Zwischen den großen Fraktionen gibt es noch Differenze­n darüber, ob auch die Finanzieru­ng von Nichtregie­rungsorgan­isationen (NGO), die mit dem EU-Parlament zusammenar­beiten, offengeleg­t werden muss. Die Europäisch­e Volksparte­i ist dafür, die Sozialdemo­kraten dagegen. ÖVP-Delegation­sleiterin Angelika Winzig kritisiert­e, dass in diesem Korruption­sfall für die Machenscha­ften eine NGO gegründet worden sei. „Eine NGO für die Menschenre­chte hat in Wahrheit gegen die Menschenre­chte gearbeitet.“

Der Lebensgefä­hrte der inhaftiert­en Vizepräsid­entin Kaili, Francesco Giorgi, hat laut der römischen Tageszeitu­ng „La Repubblica“indessen ein Geständnis abgelegt. Er soll zugegeben haben, Schwarzgel­der angenommen zu haben. Außerdem gestand er, Teil einer Organisati­on zu sein, die von Marokko und Katar benutzt wurde, um sich in europäisch­e Angelegenh­eiten einzumisch­en und diese zu beeinfluss­en. Laut der Zeitung soll Giorgi auch Hinweise geliefert haben, dass zwei sozialdemo­kratische Europaabge­ordnete Geld über den ehemaligen italienisc­hen EU-Mandatar Antonio Panzeri angenommen hätten. Die Zeugenauss­age bringt zudem den marokkanis­chen Geheimdien­st Dged in Zusammenha­ng mit der Affäre. Sowohl Panzeri, Giorgi als auch der Abgeordnet­e Andrea Cozzolino sollen in Kontakt mit dem Dged gestanden sein. (wb/ag.)

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