Die Presse

Der Plan des Generals geht auf

Frankreich. Didier Deschamps hat der Mannschaft Extravagan­zen ausgetrieb­en und seinen Siegeswill­en eingeimpft. Vielleicht muss Zin´edine Zidane also noch warten.

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Doha. Didier Deschamps war schon als Spieler ein geborener Anführer, der unbedingte Siegeswill­e hat seine Karriere geprägt. „Ich habe Fußball nie des Spiels wegen gespielt, immer des Gewinnens wegen“, sagte er einmal über sich selbst. Das spiegelte sich in seinem Auftreten auf dem Rasen wider, kompromiss­los arbeitete er bei Frankreich­s erstem WM-Titelgewin­n 1998 Zinédine Zidane zu – manche sehen ihn als Prototyp des heutigen Sechsers – und schritt stets vorne weg. Nicht umsonst wurde er „Le General“genannt.

An diesem Zugang hat sich auch nichts geändert, als Deschamps 2012 auf der französisc­hen Trainerban­k Platz nahm. Nach der Meuterei gegen Raymond Domenech und dem Rassismus-Skandal um Laurent Blanc hatte der Verband gezielt nach einer starken Autorität gesucht, die ein mit Stars gespickter Kader offenbar verlangt. In Deschamps wurde der richtige Mann gefunden wie der neuerliche WM-Triumph 2018 belegt.

Vier Jahre später fehlt Frankreich nur noch der Sieg im Finale gegen Argentinie­n am Sonntag (16 Uhr, live ORF1), um dieses Kunststück zu wiederhole­n und die erst dritte WM-Titelverte­idigung nach Italien (1938) und Brasilien (1962) zu schaffen. Als dreimalige­r Weltmeiste­r würde Deschamps zudem die Bestmarke Pelés, der so oft als Spieler triumphier­te, einstellen.

Französisc­he Siege zählen unter Deschamps nicht zu den mitreißend­sten, zum Leidwesen neutraler Fans hat der Baske seinen Edeltechni­kern die Extravagan­zen ausgetrieb­en. Im Halbfinale über Marokko genügten etwa 39 Prozent Ballbesitz um den Aufstieg trocken nach Hause zu spielen. Selbst ein Kylian Mbappé, der als Einziger großteils von Defensivau­fgaben entbunden ist, wirkt im Nationaltr­ikot handzahmer als in jenem von Paris St. Germain.

Es dürfte auch kein Zufall sein, dass just ohne kantige Typen wie Paul Pogba oder Karim Benzema das französisc­he Werkl runder läuft als bei der EM im Vorjahr. Denn umso mehr Gewicht wird den Worten des Trainers zuteil, der ein gutes, aber nicht zu nahes Verhältnis zu den Spielern pflegt. „Ich bin nicht da, um ihr Freund zu sein oder ihr Vater, Bruder oder Großvater – ja, auch das könnte ich bei einigen sein, wenn ich früh angefangen hätte“, sagte der 54-Jährige, der bei dieser WM deutlich mehr Lockerheit ausstrahlt.

Den Verband hinter sich

Sollte Frankreich neuerlich den WM-Pokal stemmen, könnte auch die eigentlich bereits als fix geltende Wachablöse aufgeschob­en werden. Französisc­he Medien wollen wissen, dass Zidane das Nationalte­am nach dem Turnier übernehmen soll. Verbandspr­äsident Noel Le Grae¨t hielt jedoch bereits öffentlich fest, dass er sich einen Verbleib des aktuellen Teamchefs wünschen würde. „Wenn man das Glück hat, einen Didier Deschamps zu haben, klopft man nicht an die nächste Tür.“(swi)

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