Strom. Die EVN sei schlecht geführt, undurchsichtig und könnte viel mehr wert sein, kritisiert der Investor Klaus Umek.
Wien/Maria Enzersdorf. Am Donnerstag präsentierte der niederösterreichische Energieversorger EVN eine eher ernüchternde Jahresbilanz. In einer Zeit, in der andere Stromkonzerne Rekordgewinne schreiben, hievte die EVN zwar den Umsatz auf vier Milliarden Euro, ihr Gewinn aber schrumpfte um 35,6 Prozent auf 209,6 Millionen Euro. Vor allem die höheren Beschaffungskosten während der Energiekrise hätten sich in der Bilanz bemerkbar gemacht, hieß es.
Die Anleger waren damit sichtlich nicht zufrieden: Trotz der Ankündigung, gleich viel Dividende auszuschütten wie im Jahr zuvor, ver lor die Aktie im Tagesverlauf über fünf Prozent an Wert.
Aber all das ist letztlich Nebensache, verglichen mit dem Wirbel, der dem niederösterreichischen Landesversorger noch bevorstehen könnte: Am Mittwoch landete nämlich ein Brief des Investors Klaus Umek bei den Mitgliedern des EVN-Aufsichtsrats sowie bei Konzernboss Stefan Szyszkowitz und Finanzvorstand Franz Mittermayer. Darin nahm sich der Gründer des Londoner Hedgefonds Petrus Advisers kein Blatt vor den Mund.
Das Unternehmen sei schlecht geführt und werde an der Börse deshalb deutlich unter seinem Wert geschlagen, machte der Kleinaktionär (unter drei Prozent) seinem Ärger über die schwache Performance der EVN Luft. Ziehe man den Wert von EVNs 12,6-Prozent-Beteiligung am Verbund in Höhe von 3,7 Milliarden Euro von der EVN-Marktkapitalisierung von 3,2 Milliarden Euro ab ,e rgeb e sich ein negativer Wert von rund 500 Millionen Euro für alle Geschäftsfelder der EVN, heißt es im Schreiben.
Der EVN-Gewinn vor Steuern und Abschreibungen von 754,8 Millionen Euro werde vom Markt „als wertlos eingestuft und Ihre Arbeit als still e Last beurteilt“, warnte Umek die Vertreter der beiden Hauptaktionäre, das Land Niederösterrei ch (51 Prozent) und die Wiener Stadtwerke (28,4 Prozent). Dabei stehe die EVN im Zentrum des grünen Booms rund um die Energiewende und müsste „gut geführt einer der größten ATX-Titel werden“.
„Undurchsichtiger Konzern“
Gründe für die enttäuschende Performance der EVN an der Börse gibt es viele. So verfügt das Unternehmen, anders als der Verbund, über keine großen Wasserkraftwerke und profitiert daher weniger vom aktuellen Strompreishoch. Auch die Polit ik hilft nicht unbedingt. So wird die Besteuerung von Zufallsgewinnen die EVN-Gruppe voraussichtlich mit einem dreistelligen Millionen-Euro-Betrag treffen, sagte Szyszkowitz am Donnerstag.
Doch Umek will sich mit diesen Erklärungen nicht zufriedengeben.„Esistabsolutnichtzufriedenstellend, wie bei der EVN mit Geld umgegangen wird. Sowohl das Management als auch der Aufsichtsrat haben hier ein massives Problem“, sagt er der „Presse“. Die Konzernführung habe sich in seinen Au gen „ verzettelt“, das Unternehmen sei in einem Sammelsurium an Geschäftsfeldern tätig, die schon lang niemand mehr ernsthaft infrage gestellt habe. „Das Unternehmen ist sehr undurchsichtig – und das ist bewusst so gemacht.“
Dabei sei die vererbte Substanz von EVNs Kerngeschäften, die Erzeugung von Strom und die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser in Österreich, hervorragend. Allein die Beteiligung an Österreichs größtem Gasspeicherbetreiber RAG sei Gold wert.
Andere Geschäfte stuft der Investor hingegen für das, was sie abwerfen, als zu riskant ein. „Wie kann es sinnvoll sein, dass ein solider österreichischer Versorger hochriskantes Anlagenbaugeschäft in Kuwait oder Bahrain betreibt, statt sich voll auf den Ausbau erneuerbarer Energien in Österreich zu fokussieren?“, fragt Umek. Angesichts des positiven Marktumfelds im Umweltsegment biete es sich an, einen raschen Verkauf zu prüfen. Auch das lange Jahre problematische Geschäft in Bulgarien und Nordmazedonien müsse genauer durchleuchtet werden.
Szyszkowitz hält dagegen: Gerade heuer habe das diversifizierte Geschäftsmodell der EVN geholfen, das Geschäftsjahr solide zu beenden. Mit Petrus Advisers sei man „immer wieder in positivem Kontakt“gewesen. „Nach Corona ist dieser Kontakt leider abgerissen. Wir werden ihn wieder aufnehmen und einen gemeinsamen Blick nach vorn machen.“
Es ist nicht das erste Mal, dass Klaus Umek auf Konfrontationskurs mit dem Management eines Unternehmens geht, an dem sein Fonds Anteile hält. Auch beim Flughafen Wien oder beim Ziegelproduzenten Wienerberger fiel er als harter Kritiker auf, um letztlich den Weg des Unternehmens so zu beeinflussen, dass der Wert seiner eigenen Anteile stieg. Ähnliches hat er nun bei der EVN vor.
Der Fokus müsse auf dem Ausbau von Netzen, Speichern und erneuerbaren Kraftwerken liegen. Andere Bereiche solle das Unternehmen wenn möglich verkaufen. Zumindest beim ersten Teil liegen der EVN-Chef und sein Kritiker gar nicht so weit auseinander. Die EVN hat im vergangenen Jahr 564 Millionen Euro investiert. Drei Viertel davon flossen in Netze, Erneuerbare und Trinkwasser in Niederösterreich.