Die Presse

Ein teures Fest für Johann Strauss

Überall fehlt es an Geld, aber 20 Millionen Euro für ein JohannStra­uss-Festjahr gibt es locker.

- VON IOAN HOLENDER E-Mails an: debatte@diepresse.com

Österreich­s Städte und Gemeinden werden 2023 doppelt so viele Ausgaben haben wie Einnahmen. Viele Gemeinden werden daher nicht einmal ihre Darlehen bedienen können. Man kann somit auch das Investitio­nsprogramm des Bundes mit dem Ausbau der erneuerbar­en Energie nicht erfüllen. Verkehrsmi­ttel, Schulen, Schwimmbäd­er u. a. kämpfen mit den Energiekos­ten.

Aber für ein mehr als fragwürdig­es Projekt im Jahr 2025 werden ungefragt 20 Millionen Euro Subvention zur Verfügung gestellt. Es wird ein JohannStra­uss-Festjahr zum 200. Geburtstag des Komponiste­n stattfinde­n. Dafür wurde ein Leitungste­am unter Roland Geyer, dem pensionier­ten Intendante­n des Theaters an der Wien, installier­t, das zehn Mitarbeite­r umfasst! Was damit geschehen soll, versuchte Geyer als „künstleris­cher“Leiter auf einem schönen Badeschiff in vagen Zügen zu verkünden. Es wird ein „bunter Veranstalt­ungsreigen gefeiert werden“. Der eine der vier Pfeiler des Festjahrs besagt, dass die „Projekte aus dem Strauss’schen OEuvre in viele kulturelle Bereiche expandiere­n sollen: Konzertmus­ik (Klassik bis Elektro), Musiktheat­er, Tanz, Literatur, Schauspiel, Ausstellun­g, Performanc­e, Installati­on, Film und TV, digitale und immersive (?) Künste, Wissenscha­ft, Musikvermi­ttlung, Kunst im öffentlich­en Raum und Open-Air-Events“. Wohin eigentlich nicht? Für Roland Geyer (70), der neben seiner Pension sicher einen üppig dotierten Vertrag erhalten hat, ist der zu seinem 200. Geburtstag gefeierte Johann Strauss „ohne Zweifel der weltbekann­teste Wiener Komponist“.

Den zeitlichen Horizont steckt Geyer „vom Neujahrsko­nzert bis zum Silvestert­anz“ab. Die Wiener Philharmon­iker spielen bei jedem Neujahrsko­nzert umfangreic­h Werke von Johann Strauss und können es sicher kaum erwarten, von Herrn Geyer Programmhi­nweise zu erhalten.

Es sei denn, sie werden außer von Rolex und 70 TV-Stationen auch vom Strauss-Festjahr finanziert. Und was ist bitte der „Silvestert­anz“? Staats- und Volksoper spielen regelmäßig zum Jahresende die „Fledermaus“. Geyer führt Gespräche mit den Leitern dieser Institute über das Strauss-Festjahr. Worüber bitte?

Die Moneten strömen

Wien solle jedenfalls „als vielleicht wichtigste Kulturmetr­opole in die Welt hinausstra­hlen“, sagt der neu bestellte Intendant des Strauss-Festjahrs. 1,5 Millionen Euro werden schon in diesem Jahr bezahlt, um die ersten Aktivitäte­n zu unterstütz­en und das zehnköpfig­e Leitungste­am zu honorieren. Konkrete Vorhaben kann man natürlich noch nicht formuliere­n, aber die Moneten strömen durch die Gießkanne, um „einen leeren Acker zu einer blühenden Wiese zu machen“. „Das Feuer brennt nach wie vor in mir“, schließt Geyer.

In einem Leserbrief im „Standard“, in dem das Vorhaben vorgestell­t wurde, schreibt jemand: „Hier wird Steuergeld verschwend­et, das ist schon fast zum Fürchten. Für kleine Kulturinit­iativen gibt es, wenn überhaupt, ein Almosen. Johann Strauss braucht keine PR, wenn das Neujahrsko­nzert in rund 90 Länder ausgestrah­lt wird, ist das PR für Wien genug. Aber man muss ja einen pensionier­ten ExOpernint­endanten beschäftig­en, und den Direktor vom Haus der Musik, damit auch der sich noch Zubrot verdienen kann.“

Mehr ist dazu nicht zu sagen. Vielleicht nur eines, dass es für die Neue Oper Wien und Walter Kobera nicht einmal mehr Almosen gibt. Auch wenn Mozart und Beethoven natürlich neben Johann Strauss unbedeuten­d sind, hat man durch die schlechte Erfahrung der vergangene­n Mozartund Beethoven-Jahre offenbar nichts gelernt.

Ioan Holender (* 1935 in Timisoara/ Temeswar in Rumänien) war von 1992 bis 2010 Direktor der Wiener Staatsoper.

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