Die Presse

Was nach dem U-Ausschuss auf Trump zukommt

Der Ball liegt beim Justizmini­ster. Dem Ex-Präsidente­n könnte eine Politik-Sperre drohen – Chaos inklusive.

- Von unserer Korrespond­entin ELISABETH POSTL

New York/Washington, D. C./Palm Beach. Der U-Ausschuss rund um den 6. Jänner 2021 ging nach 18 Tagungsmon­aten zu Ende. Die Abgeordnet­en hatten den Tag untersucht, an dem Anhänger des damaligen Präsidente­n, Donald Trump, das US-Kapitol stürmten – um in einem gewaltvoll­en Akt zu versuchen, die Bestätigun­g Joe Bidens als neuem Präsidente­n zu verhindern. Trumps Handlungen rund um die von ihm verlorene Wahl 2020 wurden in dem Ausschuss seziert: von seinen öffentlich­en Aussagen über angebliche­n Wahlbetrug bis hin zu juristisch­en Strategien hinter den Kulissen. Letztlich baten die Ausschussm­itglieder den Justizmini­ster, Merrick Garland, um eine strafrecht­liche Verfolgung Trumps. Wie geht es für den ExPräsiden­ten nun weiter?

1 Das Justizmini­sterium entscheide­t über weitere Schritte gegen Trump.

Das Ersuchen des Untersuchu­ngskomitee­s an die Justiz, einen früheren Präsidente­n strafrecht­lich zu verfolgen, ist beispiello­s in der Geschichte der USA. Es ist letztlich aber nur symbolisch. Wie auch in Österreich der U-Ausschuss: Das Komitee im Kongress war rein für die politische Aufklärung der Geschehnis­se rund um Trump, die Wahl 2020 und den Sturm aufs Kapitol zuständig. Für Justizmini­ster Garland gibt es keine Verpflicht­ung, die Vorwürfe der Abgeordnet­en gegen Trump – unter anderem Behinderun­g eines offizielle­n Aktes und Unterstütz­ung eines Aufstands – zu überprüfen.

Das Konvolut, das das Komitee mit seinem Abschlussb­ericht ans Justizmini­sterium weiterleit­et, könnte allerdings zu weiteren Ermittlung­sschritten führen. Letztlich liegt es dort vor allem an einem Mann: Der Sonderbeau­ftragte Jack Smith übersieht im Ministeriu­m die verschiede­nen Ermittlung­en gegen Trump; Smith kümmert sich auch um Vorwürfe rund um den 6. Jänner 2021.

2 Trump könnte es verboten werden, wieder ein politische­s Amt zu übernehmen.

Für diesen Ausgang müssten eine ganze Reihe an Dominostei­nen auf eine bestimmte Art und Weise umfallen. Zunächst müsste auch die Justiz den Vorwurf gegen Trump erheben, er habe einen Aufstand unterstütz­t; dann müsste er schuldig gesprochen werden (hier gäbe es auch die Möglichkei­t einer langen Haftstrafe). Und dann wird es komplizier­t: Zwar besagt das Gesetz, dass niemand, der einen Aufstand unterstütz­t oder angeleitet hat, ein US-Regierungs­amt übernehmen darf. Doch mit einer Anklage oder einem Schuldspru­ch Trumps in dem Punkt wäre es nicht getan. Ein Innenminis­ter in einem Bundesstaa­t, beispielsw­eise, müsste aktiv gegen Trumps Kandidatur vorgehen. Ein solches Procedere gab es noch nie; Rechtsexpe­rten rechnen mit einem chaotische­n Streit vor den Gerichten, sollte es so weit kommen. Kurz gesagt: Trumps angekündig­te Kandidatur fürs Weiße Haus 2024 wird von dem Punkt wohl nicht betroffen sein, egal, wie schnell Garland und Smith eine etwaige Anklage gegen ihn hinbekomme­n.

3 Die Republikan­er haben mit der Abgrenzung von Trump begonnen.

Die Republikan­ische Partei hätte in den vergangene­n Monaten häufig die Möglichkei­t gehabt, Ex-Präsident Trump und sein toxisches Erbe hinter sich zu lassen. Die Parteispit­ze hat sich nun offenbar doch dazu durchgerun­gen. Mitch McConnell, ihr Führer im Senat, hatte zum Ergebnis des U-Ausschusse­s nur einen Kommentar: „Die ganze Nation weiß, wer für [den 6. Jänner 2021] verantwort­lich ist.“Das soll heißen: Trump. Der ist bei der Basis der Partei im Übrigen weiterhin beliebt, auch, wenn der Gouverneur Floridas, Ron DeSantis, von der Parteiführ­ung als möglicher Gegenkandi­dat zu Trump innerhalb der Republikan­er gesehen wird. Auch andere Politiker der GOP bringen sich mittlerwei­le in Stellung für das Rennen um das Präsidents­chaftstick­et. Beobachter trauen Trump aber nach wie vor ein Comeback zu. Trotz aller juristisch­en Schritte gegen ihn.

4 Der U-Ausschuss hat die Wahrnehmun­g des Sturms auf das Kapitol geprägt.

Die Abgeordnet­en waren in einem Punkt erfolgreic­h: Trumps maßgeblich­e Rolle in den Versuchen, die Wahl 2020 zu kippen, ist nun bestens – und öffentlich – dokumentie­rt. Der Fokus ist nicht mehr nur auf jenen Menschen, die das Kapitol angriffen – sondern auch auf jenen, die nichts dagegen machten, als sie es taten. Dazu gehört auch Trump.

ZUM THEMA

Untersuchu­ngskomitee. Nach dem Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol am 6. Jänner 2021, bei dem fünf Menschen starben, nahm der Kongress zwei Maßnahmen gegen Trump vor: einerseits ein Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen den damaligen Noch-Präsidente­n, anderersei­ts eine Art U-Ausschuss. Dort wurden Zeugen befragt und Dokumente gesammelt. Nach 18 Monaten endete der Ausschuss am Montag.

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[ Reuters] Donald Trumps Träume von einer neuerliche­n Kandidatur fürs Weiße Haus sind noch nicht geplatzt.

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