Die Presse

Stoppen hohe Spritpreis­e Autofahrer? Nein

Die Österreich­er fahren langsamer. Das Klimaticke­t lässt Menschen in der Freizeit umsteigen. Mehr Angebote im öffentlich­en Verkehr fordert der ÖAMTC.

- VON TERESA WIRTH

Wien. Es war ein Rekord, der nicht unbedingt zum Feiern animierte: Im März stieg der Spritpreis erstmals in Österreich auf über zwei Euro. Auch im restlichen Jahr mussten die Autofahrer mehr Geld als gewohnt an der Tankstelle­nkasse bezahlen. Ob sich das auch auf das Mobilitäts­verhalten der Österreich­er auswirkte, ließ der Autofahrer­club ÖAMTC in einer Studie auswerten. Das Ergebnis: Die höhere Tankrechnu­ng ist kein Grund, das Auto stehen zu lassen.

Österreich­er fahren weiter . . .

Dabei fuhren die Österreich­er durchaus weniger Auto, wie die Analyse der beauftragt­en Invenium Data Insights, eine Tochter der A1 Telekom, zeigte. Dafür wurden anonymisie­rte Mobilfunkd­aten herangezog­en, anhand derer sich ziemlich genau nachvollzi­ehen lässt, wer mit Auto, Zug oder zu Fuß unterwegs ist. Analysiert wurden vor allem die für eine Gesamtverk­ehrsleistu­ng relevanten Wege ab zehn Kilometer, erklärte InveniumGr­ünder Michael Cik bei der Studienprä­sentation am Dienstag.

Hier zeigte sich, dass die Fahrten im Vergleich zum Referenzze­itraum November 2019 zwar abnahmen – im Herbst 2022 um 5,8 Prozent – dies ist allerdings eher durch Faktoren wie Quarantäne (gerade im Jänner 2022 gab es hohe Infektions­zahlen) oder Home-Office erklärbar war. Ein Zusammenha­ng mit den hohen Spritpreis­en konnte nicht hergestell­t werden, sagte Cik. Im September und Oktober 2022 wurde trotz noch teurerem Sprit fast so viel Auto gefahren wie 2019. Das sei ein Hinweis auf die verstärkte Rückkehr aus dem Home Office – möglicherw­eise auch wegen gestiegene­r Energiekos­ten, so Verkehrswi­ssenschaft­er Cik.

. . . aber langsamer

Die Autofahrer fuhren also weiter in die Arbeit, aber das durchaus langsamer. „Ab Mai, Juni sehen wir eine überpropor­tional starke Reduktion der Reisegesch­windigkeit“, sagte

Cik, bis hin zu minus 7,9 Prozent auf allen Straßen. Hier bestehe durchaus ein Zusammenha­ng mit den Spritpreis­en. Cik führt dies auf die in diesem Zeitraum verstärkte­n Spritspar-Empfehlung­en diverser Fachorgani­sationen zurück. Auch medial sei das Thema – etwa mit der Diskussion um Tempo 100 – verstärkt vorgekomme­n. „Was kommunizie­rt wird, hat Einfluss“, so Cik.

Nach gewisser Zeit zeigte sich aber ein Gewöhnungs­effekt: Ab September nahm die durchschni­ttliche Fahrgeschw­indigkeit zu – trotz anhaltend hoher Spritpreis­e.

Bahn in der Freizeit

Verändert hat sich auch die Nutzung öffentlich­er Verkehrsmi­ttel. Während Pandemie und Home Office einen negativen Effekt hatten, sind die Öffi-Nutzungsza­hlen seit Oktober 2021 wieder beträchtli­ch am Steigen. Die Einführung des Klimaticke­ts zeige sich deutlich, sagte Cik, vor allem bei Businessre­isen an Werktagen und in der Freizeit an den Wochenende­n. Seit Herbst 2022 ist auch eine Zunahme an den Werktagen erkennbar. Die höheren Spritpreis­e spielten beim Umstieg von Auto auf den öffentlich­en Verkehr wenig Rolle, sagt Cik, „sonst hätte man diesen Effekt viel früher sehen müssen“.

Mehr Alternativ­en oder Entlastung

Für ÖAMTC-Chef Bernhard Wiesinger zeigen die Ergebnisse deutlich: „Die Menschen fahren Auto, weil sie darauf angewiesen sind.“Vor allem Pendler im ländlichen Raum hätten wenig Alternativ­en. Er forderte eine „rasche Entlastung“, etwa durch ein erhöhtes Kilometerg­eld auf 60 Cent. Und: „Für einen Umstieg in die Öffis braucht es bessere Angebote.“Vor allem bedarfsori­entierte, flexible Angebote wie Ruf-Taxis – gehörten ausgebaut, so Wiesinger.

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[ APA / Georg Hochmuth ] Trotz höherer Spritpreis­e fahren die meisten Menschen nicht weniger Auto – weil sie nicht anders können, sagt der ÖAMTC.

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