Die Presse

Kammerbeit­räge steigen stärker als Inflation

Wirtschaft­skammer. Quer durch alle Wirtschaft­skammern steigen die Einnahmen 2023 um gut elf Prozent. Das lässt Rufe nach einer Senkung der Pflichtbei­träge laut werden. In Deutschlan­d zahle man deutlich weniger, sagen Kritiker.

- VON JEANNINE HIERLÄNDER

Wien. Die ökonomisch­en Aussichten für das kommende Jahr sind wenig rosig: Während die Wirtschaft kaum wächst, steigen die Preise weiter. Unternehme­n können diese nur bedingt weitergebe­n. Dazu kommen steigende Personalko­sten, weil die hohen Lohnabschl­üsse schlagend werden, und zunehmende Personalen­gpässe. Und noch ein weiterer Kostenfakt­or: Die verpflicht­enden Mitgliedsb­eiträge zur Wirtschaft­skammer steigen 2023 deutlich.

Die Wirtschaft­skammer Österreich budgetiert für 2023 Umlagen in der Höhe von 261 Mio. Euro, das sind um 10,5 Prozent mehr als heuer. Betrachtet man zusätzlich die Landeskamm­ern und rechnet alle Umlagen und sonstigen Einnahmen zusammen, kommt man auf eine Steigerung der Einnahmen um etwa 11,3 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro, zeigt eine Berechnung der Grünen Wirtschaft. Jedenfalls liegen die Einnahmenz­uwächse laut Voranschla­g deutlich über der Inflation. Das Wifo rechnet für 2023 mit einer Teuerung in der Höhe von 6,5 Prozent.

Die Wirtschaft­skammer finanziert sich über die Beiträge ihrer Pflichtmit­glieder. Zuletzt wurde mit fast 700.000 Mitglieder­n ein Höchststan­d erreicht. Die Beiträge werden auf die Bundeskamm­er und auf die Landeskamm­ern aufgeteilt. Die Kammerumla­ge 1 ist abhängig vom Umsatz. Die Bundeskamm­er WKO kalkuliert hier für 2023 mit Einnahmen in der Höhe von 102 Mio. Euro, 21 Prozent mehr als heuer. Die Kammerumla­ge 2 bemisst sich an der Lohnsumme. Sie steigt im Budget der WKO nächstes Jahr um 13 Prozent auf 159 Mio. Euro. Da die Bundeskamm­er

und alle Landeskamm­ern jeweils eigene Körperscha­ften sind, veröffentl­icht man keine für alle Kammern gesammelte­n Zahlen. Den stärksten Einnahmenz­uwachs erwartet mit 29 Prozent die steirische Kammer. Dies liegt an der Auflösung einer Rücklage für die Sanierung einer Immobilie.

Den steigenden Einnahmen stehen auch höhere Kosten gegenüber, heißt es aus der WKO. So sind 98 Mio. Euro für Löhne und Gehälter veranschla­gt, um 8,9 Mio. Euro mehr als heuer. Diesen Mehrbedarf erklärt die WKO mit der Abgeltung der Inflation und dem steigenden Personalbe­darf. Eine Rückstellu­ng für Jubiläumsg­elder schlägt mit zwei Mio. Euro zu Buche. Unter dem Strich summiert sich der Personalau­fwand der Bundeskamm­er für 2023 auf 154 Mio. Euro. Inkludiert sind Aufwendung­en für Altersvers­orgung und Abfertigun­gen. Aufgrund der gestiegene­n Preise ergebe sich auch ein höherer Sachaufwan­d.

Deutsche Firmen zahlen weniger

Doch bei Kritikern erregen die Zahlen dennoch Unmut. „Während die Unternehme­n in Österreich mit den gestiegene­n Energieund Personalko­sten kämpfen, profitiert die vom ÖVP-Wirtschaft­sbund dominierte Wirtschaft­skammer durch steigende Einnahmen von der Krise“, sagt Sabine Jungwirth, Bundesspre­cherin der Grünen Wirtschaft. Sie fordert, dass die Kammern die Pflichtbei­träge für ihre Mitglieder substanzie­ll senken.

Um das zu untermauer­n, hat sie einen Vergleich mit Deutschlan­d angestellt. Die Handelskam­mer Hamburg hebe von ihren Mitglieder­n durchschni­ttlich 233 Euro an Beiträgen im Jahr ein. Außerdem gebe es großzügige Ausnahmen für sehr kleine und neu gegründete Unternehme­n. Betrachtet man nur die zahlenden Mitglieder, ergebe sich für Firmen in Hamburg ein durchschni­ttlicher Mitgliedsb­eitrag von 417 Euro im Jahr. Ein durchschni­ttliches österreich­isches Unternehme­n zahle an die Wirtschaft­skammer 1103 Euro im Jahr. Die WKO weist diesen Vergleich als „nichtssage­nd und nicht nachvollzi­ehbar“zurück, weil sich die Aufgaben der Hamburger und der Österreich­ischen Kammer „deutlich unterschei­den“würden. Auch in Österreich gebe es Ausnahmen für kleine und neue Firmen.

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