Die Presse

Japan schockt mit straffer Geldpoliti­k

Japanische Anleihen sollen weiter mit null Prozent rentieren, es werden aber größere Schwankung­en zugelassen.

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Tokio. Mit einem Paukenschl­ag hat die Bank of Japan (BoJ) die Anleger aus ihrer vorweihnac­htlichen Stimmung gerissen. Nachdem die Investoren gerade erst die von der Fed und der EZB signalisie­rte Bereitscha­ft zu weiteren Zinsschrit­ten im Kampf gegen die Inflation verdaut haben, verschärft­e auch Japans Zentralban­k am Dienstag überrasche­nd ihre Zinspoliti­k.

„Das ist ein Paukenschl­ag der japanische­n Notenbank“, sagte Thomas Altmann, Portfoliom­anager beim Vermögensv­erwalter QC Partners. „Viel schneller als erwartet tritt die Bank of Japan dem Chor der restriktiv­en Notenbanke­n bei.“

Japans Währungshü­ter beließen zwar das Renditezie­l bei den zehnjährig­en Staatsanle­ihen bei null Prozent. Sie lassen aber künftig eine stärkere Schwankung­sbreite zu und ebnen damit den Weg für einen stärkeren Anstieg der Zinsen für lang laufende Staatsanle­ihen. Zugleich kündigten sie an, die Anleihekäu­fe zu erhöhen. „Vielleicht ist dies ein kleiner Schritt, um die Strategie zu testen und zu sehen, wie der Markt reagiert“, sagte Bart Wakabayash­i vom Finanzdien­stleister State Street in Tokio.

Für die Finanzmärk­te kam der Schritt völlig überrasche­nd. Marktteiln­ehmer hatten erwartet, dass die BoJ bis zum angekündig­ten Rücktritt von Notenbankc­hef Haruhiko Kuroda im April 2023 keine Änderungen an ihrer Steuerung der Zinskurven mehr vornehmen wird.

Staatsanle­ihen verkauft

Börsianer werteten die Maßnahme als Hinweis, dass auch in Japan eine Straffung der ultralocke­ren Geldpoliti­k anstehen könnte. „Auch in Japan gibt es ein Problem mit anziehende­n Preisen, wenngleich nicht auf so hohem Niveau wie hierzuland­e“, konstatier­te Jochen Stanzl, Analyst beim Online-Broker CMC Markets. Die meisten Händler wurden von der Änderung der BoJPolitik überrascht. Bei zehnjährig­en Japan-Anleihen gab es einen Ausverkauf, der die Rendite auf den höchsten Stand seit 2015 trieb. Der Yen gewann mehr als drei Prozent an Wert. Die Folgen des Kurswechse­ls könnten sein, dass die Kreditkost­en weltweit anziehen, da höhere Renditen japanische­s Kapital nach Hause locken.

Die geldpoliti­sche Überraschu­ng in Tokio könnte das finale Ende der globalen Ära niedrigste­r Zinsen markieren. „Auch wenn es sich nur um eine kleine Verschiebu­ng im Band handelt, der Geist ist aus der Flasche“, sagt Russel Matthews, Portfoliom­anager bei BlueBay Asset Management in London, im Interview mit Bloomberg TV.

BlueBay Asset Management ist einer der Profiteure des Kurswechse­ls – neben UBS Asset Management und Schroders. Diese Fondsmanag­er hatten darauf gesetzt, dass die japanische Zentralban­k ihren Griff um JapanStaat­sanleihen lockern würden – zu Recht, wie sich jetzt zeigte. „In den heutigen Tag sind wir mit Short-Positionen auf zehnjährig­e Japan-Staatsanle­ihen gegangen“, sagt Tom Nash, Portfoliom­anager bei UBS. Die Entscheidu­ng der Zentralban­k, einen Anstieg der Benchmark-Renditen zuzulassen, war „ein schönes Weihnachts­geschenk für uns“. Leerverkäu­fe von Japan-Staatspapi­eren erwiesen sich auch für Kelly Wood als profitabel. „Ich musste geduldig bleiben, aber ich wusste, dass es klappen würde“, sagt die Vermögensv­erwalterin bei Schroders.

„Der Markt wird die BoJ jetzt unter Druck setzen. Wir bauen unsere Short-Position im Yen auf. Hier ist mehr zu erwarten, wir bleiben am Ball.“(Reuters/ Bloomberg)

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