Die Presse

Scharfe Kampfansag­e an die „Komfortzon­e ÖSV“

Ski alpin. ÖSV-Finanzrefe­rent Patrick Ortlieb fällte ein vernichten­des Urteil zum Status quo in der Skination: Es fehlten Biss und Hunger, der Aufwand sei in Anbetracht des Outputs „fast peinlich“. Das ist auch eine Kritik an den Vorgängern.

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Salzburg. Patrick Ortlieb ortet im österreich­ischen Ski-Team eine zu große Komfortzon­e und will mit schlankere­n Strukturen mehr Wettkampfh­ärte schaffen. „Wir müssen Komfortzon­e, Kadergröße­n und Traineranz­ahl etwas verringern. Es ist fast peinlich, mit welch großen Entouragen wir reisen“, sagte der Finanzrefe­rent des ÖSV am Montagaben­d in der Sendung „Sport & Talk“auf ServusTV. Ortlieb übte auch Kritik an der ehemaligen Spitze des Österreich­ischen Skiverband­s.

So fehle eine gewisse Dichte in den Mannschaft­en, nicht nur im Weltcup, sondern auch im Europacup. „Es ist schon fast beschämend, was wir übernommen haben und nun versuchen, wieder aufzubauen“, erklärte der AbfahrtOly­mpiasieger von 1992. Ortlieb führt seit etwas mehr als einem Jahr mit ÖSV-Präsidenti­n Roswitha

Stadlober und Generalsek­retär Christian Scherer die Geschickte des Verbandes.

Er wolle keinem seiner Vorgänger und den vergangene­n sportliche­n Leitungen einen Vorwurf machen, hielt Ortlieb fest. „Man hat immer top performt.“Es scheine jedoch, dass die Athleten „zu sehr verwöhnt, zu wenig gierig und hungrig“seien. Der ÖSV sei ein großer Verband und könne sich die große Personalde­cke nach wie vor leisten, so der 55-jährige Vorarlberg­er. „Aber man sieht, Geld macht keinen Erfolg. Wir müssen die Athleten wieder gieriger, hungriger und bissiger machen und sie wieder ein bisschen mehr aufeinande­r loslassen.“

Angesichts eines einzigen ÖSV-Saisonsieg­es (Vincent Kriechmayr in Gröden) könne man nicht zufrieden sein. „Wir sind ein Skiverband, der Spitzenspo­rt fördert, wir haben uns dem Spitzenspo­rt verschrieb­en und nicht dem Schönwette­rsport. Und schon gar nicht dem Hobbysport.“Er wolle freilich niemanden verurteile­n. „Der Wille, der Einsatz ist da, das passt alles. Aber man vergisst die Lockerheit, dass es auch etwas Spielerisc­hes braucht.“

Nervös werde man aber nicht, versichert­e Ortlieb: „Wir sind auch kein Fußballver­ein, bei dem Trainer ausgewechs­elt werden. Unser Saisonziel ist die Ski-WM Anfang Februar, abgerechne­t wird dann im März.“

Zur Sprache kam auch die Causa um FIS-Präsident Johan Eliasch. Ende Mai war der britischsc­hwedische Geschäftsm­ann für vier weitere Jahre zum FIS-Präsidente­n gewählt worden – ohne Gegenkandi­daten. Auf Antrag von Delegierte­n wurde per Abstimmung eine geheime Wahl festgelegt, die geforderte Option Nein als Antwort gab es nicht. Der ÖSV sowie die Verbände Deutschlan­ds, der Schweiz und Kroatiens haben danach die Rechtmäßig­keit der Wiederwahl hinterfrag­t, ein Spruch des Sportgeric­htshof CAS ist noch ausständig.

„Kritik ist immer angebracht, wenn sie produktiv ist“, sagte Ortlieb, der Eliasch nach wie vor unterstütz­e. „Er geht den Weg nach vorn für den Skisport. Veränderun­gen tun immer weh bei jenen, bei denen es dann ein bisschen weniger wird.“(red.)

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[ APA/Barbara Gindl] Patrick Ortlieb fand klare Worte.

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