Mozarts „Cos`ı“zwischen Hinterhof und Hausbar
Tiroler Landestheater. Die Inszenierung bietet nur Klamauk. Musiziert und gesungen wird aber mit Niveau.
Ehe sphärische Mozart-Klänge verzaubern können, tut sich schon einiges im Tiroler Landestheater: Ein Zwischenvorhang verkündet das Motto „Change the rules“und zeigt eine flüchtige Skizze von Katz und Maus. Auch später kratzt die hemdsärmelige Inszenierung von Anette Leistenschneider mit ihrem Klamauk nur an der Oberfläche des Verführungstheaters von „Cos`ı fan tutte“. Dabei geht es doch ums Eingemachte, um die menschliche Existenz, um die Qualität der Liebe und des Vertrauens, um die unerschütterliche Beständigkeit von Beziehungen. Das sind keine neckischen Spielchen, keine kostümierten Kapriolen.
Der Zwischenvorhang vor dem zweiten Akt verniedlicht die Verführungen und Treuebrüche als „masqued ball“. Aber Herzensangelegenheiten sind kein Maskenball. Selbst ein Otto Schenk implantierte früher nur dezent Komödiantik in dieses Stück. Theatergrößen machten vor, wie man mit diesem (Spreng-)Stoff umgehen sollte: Oscar Fritz Schuh konnte wie mit dem chirurgischen Besteck Seelen sezieren. Luc Bondy zeigte – bei aller Poesie und Eleganz – vor allem die böse Grundhaltung von „Cos`ı fan tutte“. Die selbstbewussten Männer wetten darin um Geld, die Damen sind die Täterinnen. Was haben sich freche Kerle wie Da Ponte und Mozart da nur ausgedacht . . .
Leistenschneider geht es nicht um den bitteren Grundton dieses frivolen, teuflischen Spiels. Die Szenen erschöpfen sich in Geblödel. Der Ausstattung mangelt es an
Charme und Ideen: auf der Drehbühne ein einstöckiges Wohnhaus im Stil der Fünfzigerjahre, ein Hinterhof mit Müllsäcken, Kisten und einem riesigen Koloniakübel sowie ein armseliger Garten mit zwei Liegestühlen. Dafür gibt’s im Wohnzimmer eine Hausbar, damit viel getrunken werden kann, was keineswegs zum Stück gehört.
Einspringer besteht Feuerprobe
Die musikalische Façon hatte die optische Trübnis wettzumachen. Die souveräne Fiordiligi von Susanne Langbein gab den Ton an. Lamia Beuque (Dorabella) tändelte nach Herzenslust. Ilya Lapich (Guglielmo) bewährte sich als baritonaler Naturbursche. Jon Jurgens (Ferrando) wirkte schon mit „Un’ aura amorosa“überfordert. Annina Wachter war als Despina allzu soubrettig. Dafür hatte Johannes Maria Wimmer als Don Alfonso alle Fäden in der Hand – eine Persönlichkeit mit rauchigem Timbre.
Weil Chefdirigent Lukas Beikircher an Grippe erkrankt war, musste der erste Kapellmeister, Tommaso Turchetta, kurzfristig einspringen. Er bestand die Feuerprobe erfolgreich, wobei half, dass er als musikalischer Assistent an der Entstehung der Neuproduktion beteiligt gewesen war. Turchetta hatte schlüssige Tempi zur Hand. Das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck spielte engagiert, würzte den Ausdruck und achtete aufs Tempo des Handlungsablaufes. Die Kommunikation zum Maestro funktionierte. An Durchsetzungskraft mangelte es bei der Begleitung der Secco-Rezitative – das Hammerklavier wurde am Rande der Rampe versteckt.