Behandlung von Häftlingen: Justiz zahlt 127 Millionen Euro
Gefängnisse. Die Eingliederung von Häftlingen in das Krankenkassensystem wird schon seit Jahren geprüft.
Wien. Für Josef Moser, Justizminister in der Ära von Türkis-Blau, war es eines der zentralen Projekte: Die medizinische Behandlung von Häftlingen sollte nicht mehr von seinem Ministerium getragen werden, sondern von den Sozialversicherungen. Moser übernahm damit einen Plan, den schon die Große Koalition verfolgt hatte – und der jetzt von Türkis-Grün weiterverfolgt wird. Das nun allerdings schon wieder seit fast drei Jahren. „Das wird weiterhin geprüft“, heißt es dazu aus dem Justizressort. Ministerin Alma
Zadić (Grüne) hat nun in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der FPÖ Zahlen zur Behandlung von Häftlingen offengelegt. Und die zeigen: Die Kosten sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
Von Jänner 2021 bis Oktober 2022 waren insgesamt 22.758 Personen in Haft. Mehr als die Hälfte von ihnen, nämlich 12.515, sind nicht österreichische Staatsbürger. Pro Monat waren zwischen 9080 und 9648
Häftlinge in den Gefängnissen. Die Kosten pro Hafttag lagen in den vergangenen drei Jahren zwischen 144 und 151 Euro. Damit liegt Österreich unter dem europäischen Schnitt. Laut einer Studie der Universität Lausanne betragen die durchschnittlichen Haftkosten 186 Euro. Ein Teil davon wird übrigens von den Häftlingen selbst getragen: Drei Viertel ihres Arbeitslohns werden als Kostenbeitrag einbehalten, das summiert sich auf 30 bis 33 Millionen Euro pro Jahr.
Wurden 2018 noch 95 Millionen Euro für medizinische Behandlungen von Häftlingen ausgegeben, so waren es im Vorjahr bereits 127 Millionen Euro. Den bei Weitem größten Anteil, nämlich 68 Millionen Euro, macht die stationäre Unterbringung in psychiatrischen Krankenanstalten aus. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um Häftlinge im Maßnahmenvollzug, für die es in der Justiz keine geeignete Unterbringung gibt. 12,6 Mio. Euro wurden für weitere Spitalsbehandlungen bezahlt, fast fünf Mio. für die Honorare von Ärzten und 1,7 Mio. für Zahnärzte. Dazu kommt noch die interne medizinische Versorgung in den Haftanstalten (Ärzte, Pflegepersonal, Medikamente), die sich im Vorjahr auf 40 Mio. Euro belaufen hat.
Wie viele Häftlinge gibt es in Österreich, und was kostet die Unterbringung?
Warum übernehmen die Krankenkassen nicht die Versorgung?
Hoch sind vor allem die externen Kosten in den Spitälern. Da die Häftlinge nicht versichert sind, muss die Justiz Tarife für Privatpatienten zahlen. Gegen eine Übernahme ins Kassensystem wehrt sich die Gesundheitskasse, unterstützt von der SPÖ. Deren Befürchtung: Sie könnte auf den Kosten sitzen bleiben. Häftlinge haben einen höheren Bedarf als der Durchschnitt der Versicherten. Dass der Staat auch kostendeckende Beiträge einzahlt, sei nicht sicher. Man verweist da auf die Mindestsicherungsbezieher, die ebenfalls in die ÖGK integriert wurden und bei denen die staatlichen Beiträge keineswegs kostendeckend seien.
Das Justizministerium hat aber schon vor drei Jahren angekündigt, auch andere Optionen prüfen zu wollen: etwa den Abschluss eines Gesamtvertrags statt vieler teurer Einzelverträge, die Bildung von regionalen Clustern oder eine Kooperation mit dem Bundesheer.