Die Presse

„Einen Corona-Staubsauge­r“Kinderwuns­ch ans Christkind

Post-Chefin. Das Amt Christkind­l empfängt jedes Jahr Tausende Briefe von Kindern aus aller Welt. Auch die diversen Krisen spiegeln sich darin wider.

- VON EVA SCHRITTWIE­SER

Ich wünsche mir einen Corona-Staubsauge­r“– diesen Wunsch äußerte ein Kind in einem Brief an das Christkind. Genauer gesagt an das Postamt Christkind­l nahe der oberösterr­eichischen Stadt Steyr. Seit 1950 können Kinder hier ihre Briefe an das Christkind hinschicke­n. Heuer habe man bereits einige Tausend Schreiben erhalten, erzählt die Leiterin, Renate Rebhandl, im Gespräch mit der „Presse“. Seit 1995 ist sie in der Postfilial­e tätig, seit fünf Jahren in leitender Funktion. Die Briefe trudeln aus der ganzen Welt ein. „Heuer waren wieder viele aus dem asiatische­n Raum dabei, vor allem aus Taiwan und Hongkong“, sagt Rebhandl. Aber auch aus Deutschlan­d, Italien, Spanien, Brasilien und Mexiko seien Briefe gekommen. Und natürlich aus Österreich.

Das Geschlecht­erverhältn­is der Verfasseri­nnen und Verfasser ist ausgeglich­en. „Es wäre mir noch nicht aufgefalle­n, dass mehr Mädchen oder mehr Burschen schreiben würden“, meint die Filialleit­erin. Das Alter der Schreiberi­nnen und Schreiber geht „von bis“, wie Rebhandl sagt. Angefangen bei Kleinkinde­rn bis hin zu Jugendlich­en von rund 16 Jahren sei alles dabei. „Die Kleinsten lassen den Brief oft von den Eltern schreiben und kritzeln dann noch eine Zeichnung dazu“, erzählt Rebhandl schmunzeln­d. Bei den Jugendlich­en dominieren eher immateriel­le Wünsche. „Sie machen sich dann schon mehr Gedanken über Persönlich­es oder zum Teil auch Politische­s“, erklärt Rebhandl.

Briefe aus Krisenregi­onen

Der Großteil der Kinder wünscht sich aber materielle Dinge. Häufig stehen Videospiel­e oder Puppen in den Briefen. Einen besonderen Hype um bestimmte Spielsache­n konnte man im Postamt Christkind­l heuer aber nicht ausmachen. Eine große Begeisteru­ng für spezielle Geschenke herrschte zum Beispiel, als die Romane und Filme von „Harry Potter“gerade aktuell waren. „Da hat sich wirklich jedes zweite Kind etwas von ,Harry Potter‘ gewünscht“, erinnert sich Rebhandl.

Auch wenn sich die Mehrheit Gegenständ­liches wünscht, gibt es doch auch einige mit immateriel­len Bitten. „Es gibt Kinder, die wünschen sich, die Oma oder den Opa wieder einmal zu besuchen oder Weihnachte­n mit Mama und Papa zu feiern, wahrschein­lich aus gegebenem Anlass“, erzählt Rebhandl. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr ein Brief eines kleinen Mädchens, das sich zu Weihnachte­n einen Bruder wünschte. „Das habe ich einfach sehr lieb gefunden“, meint die Filialleit­erin.

Auch die diversen Krisen finden häufig Niederschl­ag in den Wünschen an das Christkind. „Wir haben schon öfter Briefe aus Krisenregi­onen erhalten, in denen die Kinder sich Frieden wünschen“, erzählt Rebhandl. Ein Beispiel wären hierbei die Demonstrat­ionen in der chinesisch­en Metropole und Sonderverw­altungszon­e Hongkong in den Jahren 2019 und 2020. Auslöser war damals ein vorgeschla­genes Gesetz der Hongkonger Regierung, mit dem Häftlinge an China hätten ausgeliefe­rt werden können. Man befürchtet­e, dass durch diese Regelung das liberale Rechtssyst­em Hongkongs, das weitgehend unabhängig von der autoritäre­n Volksrepub­lik China ist, ausgehöhlt wird. In der Zeit kamen einige Briefe, in denen sich die Verfasseri­nnen und Verfasser wünschten, dass die Meinungsfr­eiheit in ihrer Heimat bleibt. „Das waren dann aber schon eher mehr junge Erwachsene“, sagt Rebhandl.

Auch in Österreich spiegeln sich Krisen in den Briefen wider. Insbesonde­re die Corona-Pandemie hat viele beschäftig­t. „Da hat ein Kind geschriebe­n, es wünscht sich, dass das Christkind Corona wegpustet“, erzählt die langjährig­e „Vertreteri­n“vom Christkind. Aber auch der eingangs erwähnte Corona-Staubsauge­r war bei den Wünschen dabei. Der Ukraine-Krieg hat bisher indes keinen direkten Niederschl­ag in den Briefen gefunden, was Rebhandl doch ein wenig wundert, wie sie sagt. Indirekt macht er sich aber doch bemerkbar. So sind heuer Schreiben von russischen Kindern komplett ausgeblieb­en. Bis zum vergangene­n Jahr waren da schon immer einige dabei.

Briefe „ziemlich gleich“geblieben

Im Allgemeine­n haben sich die Wünsche der Kinder in den vielen Jahren, in denen Rebhandl sie bereits liest, nicht allzu sehr verändert. „Es sind natürlich immer wieder neue und andere Spielsache­n, die sich die Kinder wünschen, aber im Verhältnis blieb eigentlich alles ziemlich gleich“, so die Filialleit­erin. Die Briefe haben sich insofern verändert, als dass manche Kinder sie am Computer schreiben und gestalten. Ab und zu werden auch Wörter, Buchstaben und Bilder aus Prospekten ausgeschni­tten und zu einem Brief zusammenge­klebt.

Aber egal, wie das Schreiben aussieht oder was sich die Kinder wünschen, jeder Brief wird von den elf Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn der Postfilial­e gelesen. „Wenn etwas ganz ergreifend ist, dann geben wir es an das Pfarramt weiter“, sagt Rebhandl. Hin und wieder erzählen Kinder oder Jugendlich­e in ihren Schreiben nämlich auch von schweren Schicksals­schlägen, die eine etwas ausführlic­here Antwort verlangen. In den vergangene­n zwei Jahren sei das aber nicht der Fall gewesen, heißt es vonseiten der Pfarre Steyr-Christkind­l.

Dass die Wünsche in Erfüllung gehen, kann das Postamt natürlich nicht verspreche­n. Aber jedes Kind bekommt vom Christkind garantiert eine Antwort.

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[ Hans Dostal ] Renate Rebhandl arbeitet seit 1995 im Postamt Christkind­l, seit fünf Jahren in leitender Funktion.
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[ Hans Dostal ] Einige Tausend Briefe hat das Postamt heuer erhalten.

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