Wo Fürsten und Grafen residierten
Ein flottes und sympathisches Buch über Botschaften in Wien.
Es sind oft prachtvolle Gebäude, manchmal richtige Palais, die für gewöhnlich Fremden ihre Tore verschlossen halten: die ausländischen Botschaften in Wien und die Residenzen der Botschafter. In vielen dieser Häuser, die uns Werner Rosenberger beschreibt, waren früher Persönlichkeiten zu Hause, die Österreich politisch, wirtschaftlich und kulturell geprägt haben. Fürsten wie Rasumofsky und Metternich, Opernstars wie Selma Kurz, schwerreiche Bankiers wie Alfons Thorsch, Architekten wie Otto Wagner . . .
Die Hasenauerstraße in der Döblinger „Cottage“ist gesäumt von Villen aller möglichen Stilrichtungen. Sogar Josef Hoffmann hat sich hier betätigt; leider ist seine Villa für Richard Beer-Hofmann in den 1970er-Jahren abgerissen worden. Seitdem umhegt die aufwendige Einfriedung eine „Gstätten“. Etwas unterhalb auf Nr. 57 beherbergt eine bescheidene Villa die Botschaft des Königreichs Marokko. Ein früherer Besitzer war der Ingenieur Moritz Overhoff, der 1925 eine mehr als zweitausend Meter lange Seilschwebebahn von der Gemeinde Reichenau auf die Rax plante und baute. Es war die erste Personenseilbahn Österreichs.
Döbling ist natürlich eine gute Adresse für diplomatische Vertretungen in Österreich: In der Gregor-Mendel-Straße bei der Boku Korea, in der Lannerstraße Kanada, in der Anton-Frank-Gasse Israel, in der Sternwartestraße Luxemburg und noch weitere drei Residenzen. Japan residiert in der Blaasstraße, gleich vis-a`-vis nächtigte einst sogar der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi bei seinem Botschafter, als er Bruno Kreisky besuchte. Auf der Wieden ist eine zweite gute Adresse für jede Menge an Botschaftsgebäuden. Italien, Russland, Großbritannien, Brasilien und Deutschland finden wir da. Leider haben sich die Berliner Regierenden hier einen Neubau in den Kopf gesetzt.
USA halten sich verschanzt
Während sich die Botschaft der USA in der Boltzmanngasse als Festung verschanzt und sogar die öffentliche Straße sperren ließ, wird die Residenz im friedlichen Hietzing zwar von einem technisch ausgeklügelten Zaun geschützt, aber nur von einem einsamen Polizisten umrundet. So auch die ehemalige BlaimscheinVilla, ein prachtvolles Gebäude in der Wenzgasse, heute Botschaft der grimmigen iranischen Mullahs. Von der Larochegasse aus beobachtet man den österreichischen Wachposten; die Diplomaten lassen sich so gut wie nie blicken. Sie bevorzugen dunkle Limousinen. In den Sechzigerjahren ging es hier lockerer zu. Denn der letzte Schah von Persien, Mohammed Reza Pahlavi, war Stammgast in Wien und auf den Skipisten im Westen. Die Villa hatte der „MargarineKönig“Carl Blaimschein 1900 erworben. Er konnte es sich leisten: Der Selfmademan herrschte über das größte Margarine-Imperium der Monarchie. 1945 stellte die sowjetische Besatzungsmacht dem Staatsmann Karl Renner die Villa kurzfristig zur Verfügung, damit er die erste provisorische Regierung der Zweiten Republik zusammenstellen konnte.
Das Titelbild des Buchs zeigt ein besonderes Schmuckstück, nämlich die den Schwarzenbergplatz dominierende Botschaft der französischen Republik. Errichtet 1904 als modernes Gesamtkunstwerk, ist das Gebäude weltweit die einzige Botschaft im Art-nouveau-Stil. Heute ist man stolz auf diese Pracht, sosehr sie einst kritisiert wurde – von wegen Ensembleschutz.