Die Presse

Wie ein Phönix aus der Asche

Die erste frühbarock­e Kirche Wiens, Maria Rotunda, erstrahlt wieder in altem Glanz. Wie aus dem „dunklen, dreckigen Ort“eine „bildgeword­ene Theologie“wurde.

- VON URSULA RISCHANEK

Kaum wiederzuer­kennen – so präsentier­t sich die Dominikane­rkirche Maria Rotunda in der Wiener Postgasse nach der Renovierun­g. „Sie war ein dunkler, dreckiger, leicht depressive­r Ort“, sagt Günter Reitzi, Prior der Dominikane­r in Wien. Im Laufe der Zeit hatte sich schwarzer Ruß auf Gemälden, Fresken und dem üppigen Stuck abgelagert, die elektrisch­en Leitungen waren teils veraltet, die Altarinsel aus den 1960er-Jahren durchgemor­scht und die Podeste, auf denen die Bänke stehen, waren bereits zum Teil durchgebro­chen. Dazu kamen Risse im Mauerwerk und in der Kuppel, die auf Bombentref­fer in der Nähe während des Zweiten Weltkriegs zurückzufü­hren waren. „Im Jahr 1890 wurden einige Verschöner­ungsmaßnah­men getätigt, 1950 wurden Reparature­n vorgenomme­n. Aber die letzte große Renovierun­g des Innenraume­s hat 1846 stattgefun­den“, erzählt Reitzi.

Prächtige Farben

Seit Jahren habe der Konvent von einer Generalsan­ierung der ersten frühbarock­en Kirche Wiens, 1631 bis 1634 nach Entwürfen von Giovanni Giacomo Tencalla erbaut, gesprochen. Im Juni 2020 wurde mit dem Bundesdenk­malamt, dem Bauamt sowie dem Kunstrefer­at der Erzdiözese Wien mit den Arbeiten begonnen. „Dabei ist nichts unberührt geblieben“, erzählt der Prior.

Alte Metallteil­e wurden ersetzt, der bisherige Zelebratio­nsaltar sowie das Chorgestüh­l mussten neuen weichen. Bei den Fresken wurden Übermalung­en vorsichtig abgenommen, sie erstrahlen nun wieder in den barocken Originalfa­rben. Die Bilder wurden, soweit möglich, aus den Rahmen genommen und nachgespan­nt, etwaige Schäden repariert. Auch bei diesen wurden Übermalung­en entfernt

und gereinigt. „Als ich einmal bei der Restaurato­rin war, habe ich ein Bild gesehen und gemeint, dass das nicht von uns ist“, erzählt Reitzi. Die Restaurato­rin wusste es besser: „Sie sagte, es sei das aus der ersten Seitenkape­lle links oberhalb des Altars“, schmunzelt der Prior.

Ein völlig neues Gesicht zeigt auch das 1769 gefertigte schmiedeei­serne Rokokogitt­er der VinzenzFer­rer-Kapelle:

„Ich kannte es nur in Schwarz-Gold. Dabei ist es hellblau/grau mit grünen Rosenzweig­en mit roten Köpfen.“Hand angelegt wurde auch an den 1846 errichtete­n Hochaltar. „Dieser wurde damals vor das Hauptfenst­er gestellt. Dadurch wurde die barocke Lichtdimen­sion zerstört und die Kirche stark verdunkelt. Jetzt wurde der oberste Giebel abgenommen“, erzählt Reitzi. Insgesamt sechs Mio. Euro hat die Generalsan­ierung gekostet, finanziert aus eigenen Mitteln der Dominikane­r sowie mit Unterstütz­ung der Erzdiözese, des Bundesdenk­malamts und „hoffentlic­h auch der Stadt Wien“, sagt Reitzi.

(Liturgisch­e) Nachhaltig­keit

Damit ist die Dominikane­rkirche, eine einschiffi­ge, dreijochig­e Saalkirche mit gerade geschlosse­nem Chor mit polygonale­m Anbau, wieder hell, sauber und strahlend, oder, wie Reitzi es bezeichnet, eine barocke, bildgeword­ene Theologie. „Die Intention der Kirche ist, dass Besucher mit Maria auf Jesus zugehen, das Licht Gottes im eigenen Leben erfahren und gestärkt hinausgehe­n“, beschreibt er das Konzept, das sich von der Außenfassa­de über die Seitenkape­llen bis zum Hochaltar zieht und nach der Renovierun­g erkennbar sei. So haben etwa die 46 frühbarock­en, 1675/76 gefertigte­n Deckenfres­ken des Langhauses von Mathias Rauchmille­r die Marienvere­hrung zum Thema. „Der jetzige Volksaltar, der aus Epoxitharz gegossen wurde, nimmt das Licht auf, bricht es und gibt es weiter.“

Augenmerk wurde auch dem Thema Nachhaltig­keit geschenkt: Die Beleuchtun­g wurde auf LED umgestellt, eine stromspare­nde Fußbodenhe­izung und eine computerge­steuerte Belüftung eingebaut. Letztere dient nicht nur dem Wohlbefind­en der Kirchengem­einde, sondern auch jenem der Kunstwerke. Immerhin ist die Restaurier­ung der Kirche Reitzi zufolge auf 150 Jahre ausgelegt.

ZUM ORT, ZUM OBJEKT

Die Dominikane­r wurden 1226 nach Wien berufen, ab 1283 wurde eine gotische Kirche errichtet, die ab 1529 nach und nach abgetragen wurde, um damit die Stadtmauer zu verstärken. 1631 wurde der Grundstein für die neue Kirche gelegt. Wohnungen (neu) kosten im ersten Bezirk durchschni­ttlich 19.519 Euro/m2. Mehr Info: diepresse.com/immobilien.at.

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[ Peter Eberts Bamberg ] Dominikane­rkirche (oben), Blick ins Innere (l.), neuer Altarraum (r.).

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