Taiwan sieht bisher größte Grenzverletzung
Drohgebärden. 47 chinesische Flugzeuge sollen für eine Übung den taiwanesischen Luftraum verletzt haben. Nordkoreanische Drohnen nahe Seoul sorgen für Aufregung. Südkorea feuerte Schüsse ab.
Taipeh/Seoul. Wie das taiwanische Verteidigungsministerium mitteilte, wurden bis Montagmorgen 6 Uhr innerhalb von 24 Stunden 71 chinesische Flugzeuge und sieben Schiffe in der Nähe Taiwans geortet. 47 Flugzeuge überquerten demnach auch die Mittellinie der Taiwanstraße. Die Meerenge trennt Taiwan vom chinesischen Festland.
China hatte am Sonntag mitgeteilt, ein Militärmanöver in der Region abgehalten zu haben. Es seien Übungen im Meer und Luftraum in der Nähe von Taiwan durchgeführt worden, teilte das östliche Kommando der Volksbefreiungsarmee mit. Es handle sich um eine „entschlossene Antwort“auf „die aktuelle Eskalation und Provokation“der Vereinigten Staaten und Taiwans. Der USKongress hatte am Freitag den neuen Haushalt der Regierung verabschiedet, der auch neue Kredite für Taiwan zum Kauf von Waffen vorsieht.
Die chinesische Führung betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht mit einer Eroberung. Die Spannungen hatten sich in den vergangenen Monaten verschärft. Nach dem Besuch der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, im August hatte Peking groß angelegte Militärmanöver gestartet und hält den militärischen Druck mit verstärkten Einsätzen von Kriegsschiffen und Flugzeugen in der Meerenge der Taiwanstraße aufrecht. Laut einer taiwanesischen Nachrichtenagentur habe die chinesische Übung am Wochenende zur bisher größten Grenzverletzung des taiwanesischen Luftraumes geführt.
Südkorea gibt Warnschüsse ab
Auch an einer anderen Stelle der chinesischen Nachbarschaft haben die Spannungen zugenommen. Südkoreas Militär vermeldete am Montag, es habe mehrere unbemannte Luftfahrzeuge in der Grenzregion erfasst und zunächst mit Lautsprecherdurchsagen und Warnschüssen reagiert.
Die Südkoreaner gehen davon aus, dass es sich um kleine Drohnen aus dem Nachbarland Nordkorea handelte, die die militärische Demarkationslinie überflogen haben. „Dies ist ein klarer Akt der Provokation des Nordens, der unseren Luftraum verletzt“, sagte Lee Seung-o, der dem südkoreanischen Generalstab angehört. Eine der Drohnen sei in der Nähe der südkoreanischen Hauptstadt Seoul geflogen. Es seien zunächst Warnschüsse abgegeben worden. Ob Drohnen getroffen wurden, blieb offen.
Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap meldete, das Militär habe etwa hundert Schüsse abgefeuert. Eine der Drohnen sei nach Nordkorea zurückgekehrt. Die anderen vier habe das Militär aus den Augen verloren. Als Reaktion auf den Drohneneinsatz flogen Lee zufolge zudem südkoreanische Aufklärungsflugzeuge in den Norden, um aus der Luft selbst Aufnahmen zu machen. Die nordkoreanischen Drohnen seien mit etwa zwei Metern Länge klein gewesen. Weitere Details etwa zur Ausrüstung der Fluggeräte nannte Lee nicht.
Es ist das erste Mal seit 2017, dass ein Grenzzwischenfall dieser Art bekannt wurde. Damals hatte Südkoreas Militär nahe der stark befestigten Grenze zu Nordkorea eine mutmaßliche Spionagedrohne sichergestellt, nachdem sie abgestürzt war. Das Fluggerät soll für einen Rückflug nach Nordkorea programmiert gewesen sein. (age)