Topkonzerne: Europa fällt zurück
Neun der zehn Firmen mit dem höchsten Börsenwert kommen aus den USA, eine aus Saudiarabien.
Wien. Wo haben die weltgrößten Firmen ihren Sitz? Wenn die Antwort auf diese Frage ein Indiz dafür ist, wo die wirtschaftliche Macht zu Hause ist, dann schaut es für Europa nicht gut aus. Im Jahr 2007 kamen noch 46 der 100 größten Firmen nach Börsenwert aus Europa und 32 aus den USA, wie eine regelmäßige Erhebung von EY zeigt. Heuer sind demnach nur noch 15 der größten Firmen in Europa beheimatet, 19 in Asien und 62 in den USA.
Auf Platz eins liegt, wie auch im Vorjahr, Apple mit einem Börsenwert von zwei Billionen Dollar. Vor einem Jahr hatte die Marktkapitalisierung des iPhoneKonzerns noch knapp drei Billionen Dollar betragen. Ein Schicksal, das Apple mit den anderen billionenschweren Unternehmen teilt. Davon gibt es noch drei weitere: den Ölkonzern Saudi Aramco (1,9 Billionen Dollar), Microsoft (1,8 Billionen) und GoogleMutter Alphabet (1,1 Billionen). Amazon hat seinen Börsenwert auf 845 Mrd. Dollar halbiert und belegt damit Platz fünf. Insgesamt kommen neun der zehn größten Unternehmen aus den USA.
Zusammen haben die 100 aktuell höchstbewerteten Unternehmen 7,2 Billionen Dollar an Marktkapitalisierung verloren. Ihre Bewertung sank um 20 Prozent auf 28,6 Billionen Dollar. Besonders betroffen waren Technologiekonzerne, deren Börsenwert um 33 Prozent eingebrochen ist. Allein Tesla, Apple, Meta, Microsoft, Alphabet und Amazon verloren zusammen 4,6 Billionen Dollar an Wert. Aber auch Konsumgüterhersteller und Telekommunikationsunternehmen verzeichneten mit 29 bzw. 27 Prozent kräftige Wertverluste.
Insgesamt schrumpfte der Börsenwert von 69 der 100 höchstbewerteten Unternehmen, 31 Konzerne schafften hingegen einen Wertzuwachs. Aufwärts ging es vor allem für Energiekonzerne (plus zwölf ) und Industrieunternehmen (plus zehn Prozent).
Das europäische Unternehmen mit dem größten Börsenwert ist aktuell der französische Luxuskonzern LVMH auf Rang 15. Dessen Chef, Bernard Arnault, ist kürzlich zum reichsten Mann der Welt avanciert, wie aus Bloomberg-Daten hervorgeht. Das verdankt er aber größtenteils dem Absturz von Elon Musk. Tesla belegt im EY-Ranking nur noch Platz 20, im Vorjahr war es Platz sechs. Der Schweizer Nestlé -Konzern liegt auf Platz 23.
Deutschland nicht dabei
Aus Deutschland kommt übrigens keine einzige der Top-100-Firmen der EY-Studie, aus Österreich auch nicht. Der deutsche Softwareriese SAP, der im Vorjahr noch zusammen mit Siemens im Top-Ranking vertreten war, belegt heuer nur noch Platz 106. Der Industriegasekonzern Linde, der seit der Fusion mit dem US-Unternehmen Praxair seinen Sitz in Irland hat, belegt Rang 59.
Doch warum fällt Europa immer weiter zurück? Europa leide überdurchschnittlich stark unter der aktuellen geopolitischen Zuspitzung und dem massiven Anstieg der Energiepreise, stellt Gunther Reimoser, Country Managing Partner von EY Österreich, fest.
„An den Börsen zählen aber nicht die Erfolge der Vergangenheit, sondern Zukunftsperspektiven. Europäische Konzerne müssen klar aufzeigen, wie sie die Weltwirtschaft der Zukunft entscheidend mitgestalten werden. Was Nachhaltigkeit betrifft, ist der Kontinent Europa Vorreiter – wenn wir diesen Schwerpunkt richtig nutzen und auch klar darlegen können, welche ökonomische Relevanz das Thema birgt, können wir gewinnen.“(b. l.)