Diese Dame trug auch Tracht
Die „Bum Cages“, die Westwood, Körperprothesen gleich, in Kleidung einarbeitete, nahmen in der für diese Geschichtenerzählerin der Mode typischen Art im Grunde auch die kaum mehr anthropomorphen Silhouetten von Rei Kawakubo in den späten Neunzigern vorweg. Die Überzeichnung von Vergangenem war aber eher Westwoods Spezialität als die Vorausschau auf dystopische Bekleidungsgewohnheiten der Zukunft. Ihre herausragende Bedeutung in der britischen – wie natürlich der gesamten – Modewelt unterstreicht etwa die Tatsache, dass das Victoria & Albert Museum Vivienne 2004 als erster Designerin eine große Einzelausstellung widmete.
„Dreigroschenoper“am Burgtheater
Zu Österreich pflegte die Britin mit ihrem Tiroler Ehemann ein enges Verhältnis: Nicht nur wegen der familiären Beziehung und eines Domizils in den Alpen, wo sie in sozialen Medien häufig zu sehen war. Auch beruflich gab es immer wieder Verbindungen. 2010 wurde sie von Gexi Tostmann zu einer „Botschafterin der Tracht“gekürt, was nicht zuletzt Dirndlzitaten in Westwoods Kollektionen geschuldet war. Schon 1996 hatte sie die Kostüme für eine Inszenierung der „Dreigroschenoper“am Burgtheater entworfen, es folgten Auftritte auf dem Wiener Life Ball und 2012 eine Haute-Couture-Show mit internationaler Strahlkraft im Kunsthistorischen Museum.
Mit dem Tod von Vivienne Westwood endet ein langer, einprägsamer Abschnitt der Modegeschichte. Diese Dame war ein Punk, und ihre immer wieder für Überraschung sorgenden Schlussverbeugungen nach Defilees werden ebenso fehlen wie ihre teilweise kuriosen, jedenfalls aber einprägsamen Stellungnahmen zu gesellschaftsrelevanten Themen.