Eine Christin, die sich nicht beugt
Die Publizistin Gudula Walterskirchen steht gegen „Mainstream“und neuen Totalitarismus auf.
Viele Menschen, so die Historikerin und Publizistin Gudula Walterskirchen, fühlten seit Jahr und Tag, „dass sich unsere Gesellschaft dramatisch ändert“. Unter dem Deckmäntelchen einer liberalen Demokratie seien Mechanismen etabliert worden, die zu Unfreiheit, zu Unterdrückung führen.
Die Autorin, zunächst „Presse“-Redaktionsmitglied, dann langjährige Kolumnistin dieses Blatts, treibt die Frage um, wie man sich den Techniken totalitärer Systeme nicht nur entziehen, sondern diese möglichst stoppen oder gar rückgängig machen könne. Sie scheut nicht die Auseinandersetzung, sie will kämpfen. Und daher verweist sie auf einen gefährlichen Trend, den sie die „atomisierte Gesellschaft“nennt. Diese besteht aus zunehmend „beziehungsund heimatlosen Individuen, die leicht einzuschüchtern und zu beeinflussen sind“. Dass die Abschottungsmaßnahmen während der Coronajahre erheblich dazu beigetragen haben, lässt sich wohl nicht leugnen. Home-Office, HomeSchooling, die Notwendigkeit, Kontakte zu vermeiden, haben zweifellos die Digitalisierung beschleunigt, wie die Website der Bundesregierung richtig anmerkt. Doch Walterskirchen warnt zugleich. Der „Fahrplan“der EU-Kommission vom März 2021 zum digitalen Wandel Europas bis 2030 mache Österreich offenbar zum Versuchslabor. Hier werde erstmals erprobt, wie man den „gläsernen Bürger“im digitalen Zeitalter schaffen könne, was die EU euphemistisch „länderübergreifende Synergien“nenne: Wer heute einen neuen Reisepass beantrage, bekomme automatisch eine „ID Austria“, sofern man dies nicht ausdrücklich ablehne. Diese „ID Austria“könne dann sukzessive erweitert werden, etwa um die Meldedaten und den Führerschein – ganz praktisch, so eine „Bürgerkarte“für Behördenwege! „Dieses Vorhaben der EU-Kommission, eine europäische elektronische Identität einzuführen, blieb im Schatten von Corona bisher weitgehend unbeachtet“, beobachtet die streitbare Publizistin.
Mechanismen, die von einer freien und offenen Gesellschaft zu einer unfreien und geschlossenen führen, sind beileibe nicht neu. Es gab sie immer schon in der Menschheitsgeschichte. Walterskirchen verweist auf die berühmte Schrift Platons „Der Staat“und auf den Nationalismus, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts dermaßen starke Verbreitung fand, dass er zur Katastrophe des Ersten Weltkriegs, des nachfolgenden Faschismus, des Kommunismus und letztlich zu einem noch weit verheerenderen Weltkrieg führen musste.
„Freiheit wurde stets errungen“
„Freiheit für alle Menschen hat es in der Geschichte nie gegeben“, dekretiert sie: „Freiheit wurde in der Geschichte stets errungen, sie wurde nie von den Mächtigen einfach geschenkt.“Der Leser assoziiert damit zwangsläufig die Entstehungsgeschichte der „Presse“, deren Existenz jener „Pressefreiheit“zu verdanken ist, die die Studenten in der bürgerlichen Revolution dem Metternich’schen System 1848 blutig abrangen.
Heute gäbe es den neuen Totalitarismus, „der sich als Dienstleister am Menschen tarnt“, ihn aber letztlich völlig beherrschen und kontrollieren wolle. Er rede von Glück und Fairness und meine Herrschaft einer Elite über den Rest der Menschheit. „Er predigt den Umweltschutz und steigt in seine Privatjets.“
Eine flotte lesens- und bedenkenswerte Streitschrift.