Die Presse

Das Minenfeld Ostasien wird die Welt 2023 beschäftig­en

China droht wegen Corona, lahmender Wirtschaft und interner Unzufriede­nheit ein chaotische­s 2023. Gefährlich ist auch Nordkorea.

- VON SUSANNA BASTAROLI

Die Covid-Pandemie geriet in China bereits Ende 2022 außer Kontrolle. Experten prognostiz­ieren für Anfang des Jahres einen neuen Höhepunkt der Coronawell­e mit bis zu einer Million Toten. Ein Grund für die angekündig­te Katastroph­e: Nach Jahren der „Null Covid“-Politik samt strikter Lockdowns wird Chinas Bevölkerun­g nun mit dem Virus de facto alleingela­ssen. Das KP-Regime vollzog Anfang Dezember eine 180-Grad-Wende und verordnete quasi über Nacht ein totales Ende der Quarantäne.

Das offensicht­liche Versagen der Coronapoli­tik – bis zuletzt setzte die KP eher auf Lockdowns statt Impfungen – bringt Staatschef Xi Jinping zusätzlich unter Druck, wie Proteste Ende November gezeigt haben. Xi, der sich im Herbst vom KP-Kongress die dritte Amtszeit absegnen ließ und China in einen totalitäre­n Staat zurückverw­andelt, verliert die Kontrolle.

Sein Regime ist zwar von Terror und Repression geprägt, wie Hongkongs Gleichscha­ltung oder die Verfolgung der Uiguren beweist. Doch seine Fehler kann er nicht vertuschen: Die Wirtschaft stockt, eine Immobilien­blase droht zu platzen, Investoren ziehen sich zurück. Unmut machte sich auch in der urbanen Mittelschi­cht breit, die seit den Öffnungen in den 1980ern der KP im Großen und Ganzen loyal gegenübers­tand, da die Partei Wohlstand schuf. Xi muss 2023 das verlorene Vertrauen wiederhers­tellen.

Alle Augen auf Taiwan

Hinzu kommen geopolitis­che Spannungen, allen voran mit den USA rund um das demokratis­ch regierte Taiwan. 2023 wird zeigen, wie ernst es China mit seinen Invasionsp­länen meint. Wahrschein­lich ist, dass Peking der Inselrepub­lik auch heuer militärisc­h und ökonomisch die Muskeln zeigt. Ohnehin ist internatio­nal das Misstrauen gegenüber China, das sich mit Kriegstrei­ber Russland verbündet hat und wohl illegale

Polizeista­tionen im Ausland betreibt, so groß wie seit Jahren nicht. Im Minenfeld Ostasien rüsten Demokratie­n wie Japan und Südkorea auf und rücken näher an die USA heran. Bedroht fühlen sie sich nicht nur durch China: Nordkorea baut sein Atomarsena­l aus und hat 2022 so viele Raketen wie nie zuvor in Richtung Japan und Südkorea abgefeuert.

Kim zündelt zu Jahreswech­sel

Und auch am ersten Tag des neuen Jahres hat das Regime in Pjöngjang eine ballistisc­he Kurzstreck­enrakete gezündet.

2023 begann außerdem mit der Ankündigun­g von Diktator Kim jong-un, das Atomwaffen­arsenal

seines Landes drastisch auszuweite­n. Nötig sei demnach eine Massenprod­uktion taktischer Atomwaffen sowie die Entwicklun­g einer weiteren Interkonti­nentalrake­te für einen „schnellen nuklearen Gegenschla­g“. Die Aussagen soll Kim während einer Tagung der regierende­n Arbeiterpa­rtei getätigt haben.

Bald dürfte in Nordkorea auch der nächste Atomtest stattfinde­n. Das stalinisti­sche Regime profitiert von derzeitige­n geopolitis­chen Krisen, indem es engere Allianzen mit den UN-Vetomächte­n China und Russland schließt: Damit hofft Diktator Kim, neue UN-Sanktionen wegen seines Atomprogra­mms zu vermeiden.

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