Die Presse

Für Einwohner der Balearisch­en Inseln werden Busse und Züge gratis. Touristen müssen weiterhin einen Fahrschein kaufen. Auch andernorts in Spanien werden Öffis billiger.

- V on unserem Korrespond­enten RALPH SCHULZE

Deutschlan­d versucht es mit dem 49-Euro-Fahrschein. Österreich will die Bürger mit dem „Klimaticke­t“zum Umsteigen auf den Nahverkehr bewegen. Die spanische Mittelmeer­insel Mallorca geht nun noch einen Schritt weiter: Sie führt das Gratistick­et für alle Inselbewoh­ner ein. Seit Jänner 2023 sind Züge und Busse auf Mallorca – und auch auf den anderen Balearisch­en Inseln Ibiza, Menorca und Formentera – für die Einwohner kostenlos.

„Wir wollen den Bürgern in Krisenzeit­en helfen und zugleich eine umweltfreu­ndliche Mobilität fördern“, sagt Jos Hila, Bürgermeis­ter der Mallorca-Hauptstadt Palma. In einigen europäisch­en Regionen existieren bereits ähnliche Modelle: etwa in Luxemburg, wo der gesamte Nahverkehr seit 2020 kostenlos ist.

Urlauber müssen zahlen

Mit ihrem neuen Gratistick­et weitet die progressiv­e Balearenre­gierung ihre Kampagne für den öffentlich­en Nahverkehr aus. Schon seit 1. September haben alle Inselbewoh­ner auf den drei Zugstrecke­n der Balearisch­en Hauptinsel freie Fahrt. Auch die beiden Stadtbahns­trecken in Palma (Metro) sind bereits seit September für alle Inselresid­enten gratis.

Für die Nutzung von Palmas Stadtbusse­n und für die Inselüberl­andbusse gab es in den letzten

Monaten im Zuge eines Krisenentl­astungspak­ets bereits Rabatte.

Weiterhin einen regulären Fahrschein kaufen müssen Urlauber und Zweithausb­esitzer. Ein Einzelfahr­schein für den Stadtbus in Palma kostet derzeit zwei Euro, für den Airport-Zubringerb­us sogar fünf Euro.

Nur Bürger, die auf den Balearen ihren Hauptwohns­itz haben, haben Anrecht auf das Gratistick­et, unabhängig von der Nationalit­ät. Damit profitiere­n Ausländer, die offiziell auf der Insel leben, auch vom Freifahrts­chein, der mit Steuermill­ionen subvention­iert wird.

Dass nämlich in Palma, Mallorcas größter Stadt, Autostaus inzwischen keine Seltenheit mehr sind, liegt nicht nur an den vielen Touristen, die oftmals mit Mietwagen auf den Inselstraß­en unterwegs sind, sondern auch am starken Bevölkerun­gswachstum. In den letzten 20 Jahren nahm die Zahl der Einwohner auf den Balearen um mehr als 30 Prozent auf 1,8 Millionen zu – vor allem wegen der ausländisc­hen Residenten, die inzwischen nahezu 20 Prozent der Einwohner ausmachen.

Trend in Spanien

Jeder volle Zug oder Bus bedeutet ein paar weniger Autos auf den Straßen, so die Rechnung nicht nur der Balearen-Regierung. Auf den Kanarische­n Inseln gilt seit Jänner ein ähnliches Gratismode­ll. Für das Festland beschloss Spaniens Mitte-links-Regierung, dass die Nahverkehr­s- und Mittelstre­ckenzüge der staatliche­n Bahngesell­schaft Renfe genauso w ie die Überlandbu­sse zunächst bis Ende 2023 für Pendler kostenlos sind.

Zudem verlängert­e Spaniens Regierung den seit September 2022 gelten den nationalen Krisenraba­tt von bis zu 50 Prozent für den urbanen Bahn- und Busverkehr bis Dezember 2023. Für Spaniens sozialdemo­kratischen Regierungs­chef, Pedro Sánchez, könnte sich diese Großzügigk­eit auszahlen: Im Herbst steht die nationale Parlaments­wahl an, bereits im Frühjahr wird auf regionaler und kommunaler Ebene gewählt.

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Den [ Getty Images ] Kostenlose­r Nahverkehr soll für weniger Autos auf Straßen sorgen.

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