Die Presse

„Das Geld für den ORF wächst nicht auf Bäumen“

Medienmini­sterin Susanne Raab fordert den ORF zum Sparen auf und sperrt sich gegen eine automatisc­he jährliche Budgetstei­gerung. Von ORF-Chef Roland Weißmann fordert sie einen Kassenstur­z.

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Dem ORF droht ein Finanzloch, doch Medienmini­sterin Susanne Raab (ÖVP) hat nicht vor, dieses zu stopfen. Sie wolle, dass der ORF spart, sagte sie der APA. Derzeit verhandelt sie mit den Grünen über die künftige Finanzieru­ng des ORF und über eine Ausweitung von dessen Möglichkei­ten im digitalen Raum. ORF-Chef Roland Weißmann hofft, dass spätestens im März ein Ergebnis vorliegt. Er hatte im November vor „einer der größten Finanzieru­ngskrisen in der Geschichte“des ORF gewarnt.

Wegen der Teuerung drohen dem öffentlich-rechtliche­n Rundfunk ab 2024 demnach Verluste von bis zu 130 Millionen Euro jährlich. Dabei hatte es zuerst so ausgesehen, als würde dem ORF ab 2024 mehr Geld zur Verfügung stehen, denn ein Erkenntnis des Verfassung­sgerichtsh­ofs vom vergangene­n Juli sieht vor, dass ab diesem Zeitpunkt auch für die Streaming-Nutzung von ORFAngebot­en gezahlt werden muss.

Doch wie sollen diese Gebühren eingehoben werden? Denkbar sind drei Modelle: Die GIS könnte auf streamingf­ähige Geräte ausgeweite­t werden, was in der Praxis schwierig werden dürfte. Für welche Geräte soll die GIS fällig werden: nur für Laptops? Auch für Handys? Variante zwei ist eine Haushaltsa­bgabe nach deutschem Vorbild, unabhängig davon, ob Rundfunkge­räte vorhanden sind. Eine dritte Variante tauchte erst im Spätherbst wieder in der Diskussion auf: die Finanzieru­ng aus dem Bundesbudg­et, was politische Abhängigke­iten mit sich bringen könnte. Welche Variante Raab präferiert, ließ sie offen: „Alle drei werden geprüft.“

Der ORF könnte künftig allerdings weniger Geld zur Verfügung haben, da Raab nicht die Absicht hegt, Inflation oder Teuerung durch eine automatisc­he jährliche Steigerung des Budgets auszugleic­hen: Das sei „nicht in meinem Sinne“, sagte sie. „Auch das Geld für den ORF wächst nicht auf den Bäumen. Es wird von hart arbeitende­n Gebührenza­hlern erwirtscha­ftet.“Wichtig sei ihr, dass man nicht reflexarti­g die Hand aufhalte, sondern sich „mit gutem Willen ansieht, wo man in der Struktur sparen kann“. Sie habe Weißmann deshalb um einen Kassenstur­z gebeten.

Ähnlich wie die Ministerin denkt offenbar eine Mehrheit der Menschen in Österreich, ergab eine Umfrage des Market-Instituts für den „Standard“. Demnach sind 76 Prozent dafür, dass der ORF erst sparen soll, ehe Gebühren erhöht werden.

Mehr dürfen soll der ORF im Internet: etwa Inhalte ausschließ­lich für online erstellen und Sendungen länger in der TVthek zeigen. „Wir werden die Rahmenbedi­ngungen schaffen“, sagte Raab. Unter bestimmten Bedingunge­n: Weißmann will die Anzahl der Meldungen auf ORF.at halbieren, was als Entgegenko­mmen an die Verleger gedeutet werden kann.

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