Wachsoldat nach Schüssen gestorben
Ein 54-jähriger Unteroffizier hat einen 20-jährigen Grundwehrdiener nach einem Streit erschossen. Nun ermittelt das Landeskriminalamt wegen Mordverdachts.
Wiener Neustadt. In der Flugfeldkaserne in Wiener Neustadt (siehe Grafik) ist Freitagfrüh ein 20-jähriger Wachsoldat aus Niederösterreich erschossen worden. Sein Vorgesetzter, ein 54-jähriger Unteroffizier aus dem Burgenland, erlitt ein Platzwunde am Kopf und wurde ambulant im Spital behandelt, anschließend ist er festgenommen worden und war in Gewahrsam des Landeskriminalamtes, das die Ermittlungen übernommen hat.
„Gegen den Festgenommenen wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Mordes eingeleitet“, sagte Erich Habitzl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, auf Anfrage. Ob Untersuchungshaft beantragt wird, soll am Freitagabend oder Samstag entschieden werden. Die Staatsanwaltschaft ordnete eine Obduktion an.
Im Zuge eines Gerangels soll es um 6.55 Uhr zu den Schüssen gekommen sein, bei dem der Grundwehrdiener tödlich getroffen worden sei, berichtete Bundesheersprecher Michael Bauer am Freitagnachmittag. Der Rekrut soll kurz vor der für 7 Uhr geplanten Ablöse seine Kameraden im Wachlokal mit dem Sturmgewehr bedroht haben, sagte Bauer mit Verweis auf Aussagen der Soldaten.
Ihr Vorgesetzter, der Offizier vom Tag, habe das von außen gesehen und deeskalierend einschreiten wollen. Daraufhin habe der Grundwehrdiener den 54-Jährigen „angesprungen, getreten und ihm mehrmals mit dem Lauf der Waffe gegen den Kopf gestoßen“, so Bauer. Die anderen drei Wachsoldaten seien geflüchtet.
Ursache des Streits unklar
Bei einem Gerangel zwischen dem 20-Jährigen und dem 54-Jährigen wurden laut Bauer zumindest drei Schüsse aus der Pistole des Vorgesetzten abgegeben. Der Rekrut wurde dabei tödlich verletzt. Ursprüngliche Angaben, wonach der Grundwehrdiener mehrmals geschossen haben soll, seien bisher nicht bestätigt worden. Über den Auslöser für den Vorfall war weiterhin nichts bekannt. Die Erhebungen werden von der Mordund Tatortgruppe des Landeskriminalamtes geführt. „Wir stehen am Anfang der Ermittlungen“, sagt Polizeisprecher Johann Baumschlager. Einvernahmen waren im Gange. Im Raum stand unter anderem die Frage, ob Notwehr vorliegt.
Die Wache besteht aus zwei Grundwehrdienern sowie dem Offizier vom Tag, einem Berufssoldaten, als Vorgesetzten, erläuterte das Bundesheer in einer Aussendung. Kontrolliert wird die Zufahrt zum Kasernengelände. Der Rekrut sei als Wachkommandant eingeteilt gewesen. Wachsoldaten sind mit einem halbgeladenen Sturmgewehr bewaffnet, ihr Vorgesetzter trägt eine geladene Pistole bei sich. Der Gebrauch der Schusswaffe gegen Personen sei laut Militärbefugnisgesetz nur im Rahmen der Notwehr und/oder der Nothilfe zulässig, sofern es keine andere, gelindere
Möglichkeit gibt. Die Soldaten werden der Aussendung zufolge durch den Heerespsychologischen Dienst betreut. Auch eine Untersuchungskommission wurde eingesetzt. Ein Erstbericht soll nach 48 Stunden vorliegen. Am Schauplatz des Schusswechsels war am Freitagnachmittag die Spurensicherung im Gange. Mehrere Fahrzeuge von Polizei und Militärpolizei waren zu sehen. Der Eingangsbereich der Kaserne wurde mit Tarnnetzen als Sichtschutz verhängt.
Seit Oktober in der Kaserne
Der 20-Jährige hat laut Aussendung seinen Grundwehrdienst vergangenen September angetreten und war seit Mitte Oktober als Wachsoldat in der Wiener Neustädter Kaserne eingesetzt. Er hatte sowohl die Schieß- als auch die Ausbildung zum Wachsoldaten und zum Wachkommandanten erfolgreich absolviert.
Der unbescholtene 54-Jährige ist seit 1987 beim Bundesheer und seit 2007 in der Flugfeldkaserne tätig. Er gelte als „einsatzerfahrener Soldat“und absolviere ein bis zwei Mal pro Monat den Dienst als Offizier vom Tag. In dieser Funktion ist der eingeteilte Berufssoldat – Offizier oder Unteroffizier – Vorgesetzter aller in einer Kaserne Dienst versehenden Wachsoldaten.
Zuletzt tödliche Hundeattacke
Die Flugfeldkaserne in Wiener Neustadt war im November 2019 Schauplatz einer tödlichen Hundeattacke gewesen. Ein Soldat war von Belgischen Schäferhunden angefallen und getötet worden. Der 31-Jährige war unter anderem für Auslauf und Fütterung mehrerer Tiere zuständig gewesen. Ein Ermittlungsverfahren gegen den zuständigen Hundeführer und gegen nicht konkret ausgeforschte Verantwortliche des Bundesheers wurde Ende 2020 eingestellt. (red.)