Die Presse

Bezirksche­f: „Mir geht es nicht schnell genug“

Der grüne Bezirksvor­steher, Martin Fabisch, plant ein verkehrsbe­ruhigtes Supergrätz­el. Die Stadt könne sich in Sachen Tempo ein Beispiel an (grüner) Bezirkspol­itik nehmen, findet er.

- VON MIRJAM MARITS

Wien. Vor zwei Jahren ist die Josefstadt politisch (wieder) grün geworden: Martin Fabisch hat bei den Wahlen ÖVP-Bezirksche­fin Veronika Mickel abgelöst. Und bemüht sich seither um mehr Begrünung in Wiens kleinstem (und grauesten) Bezirk, der nun auch ein verkehrsbe­ruhigtes Supergrätz­el bekommen soll.

Die Presse:

Sie sind mit dem Wahlverspr­echen „1000 Bäume für die Josefstadt“angetreten. Wie viele haben Sie in den ersten zwei Jahren im Amt schon gepflanzt?

Martin Fabisch: Ich zähle nicht mit. Aber wo es nur geht, wird gepflanzt. Ich hoffe, dass es, wenn ich dann einmal zurücktret­e, mehr als 1000 Bäume sind. Wir haben einen enormen Aufholbeda­rf, weil wir mit 1,9 % den geringsten Grünanteil in ganz Wien haben.

Und wie viele sind es wirklich bisher?

Wie rechnen wir es? Rechnet man auch die Bäume mit, die sonst früher gefällt worden wären? In der Pfeilgasse sind vor Kurzem neun neue Bäume dazu gekommen, in der Krottentha­lergasse 21. Insgesamt von uns neu gesetzt werden es knapp 100 sein. Sie können sich also ausrechnen, wie lang ich vorhabe, im Amt zu bleiben (lacht).

Also durchaus noch einige Amtsperiod­en . . .

Meine Zeit als Bezirksche­f ist begrenzt, aber ich möchte in der Zeit viel Nachhaltig­es schaffen. Und hoffe, dass wichtige Projekte nicht Opfer von politische­m Hickhack werden, denn wir sind leider auf die Opposition angewiesen. Wir haben wegen des Klimawande­ls nur wenige Jahre Zeit, um etwas zu bewirken. Es hat keinen Sinn, immer nur von Wahl zu Wahl zu denken. Wir müssen nachhaltig an die nächsten Generation­en denken.

Wie zufrieden sind Sie mit Ihren ersten zwei Jahren?

Mir kann es nicht schnell genug gehen. Also nein, die Geschwindi­gkeit ist mir nicht schnell genug. Wie viele Bäume schon gesetzt wurden, hängt nicht nur von meinem Willen und Tun ab. Wir brauchen immer eine weitere Fraktion, die mit uns mitgeht.

Wie regiert es sich eigentlich mit Ihrer langjährig­en Vorgängeri­n als Stellvertr­eterin, Veronika Mickel von der ÖVP?

Ich gebe zu, das ist eine äußerst ungewöhnli­che Situation. Ich bin mir auch nicht sicher, ob man dadurch der Josefstadt einen Dienst erweist. Es liegt nicht nur in der Hand des Bezirksvor­stehers allein, ob die Stimmung zwischen den Fraktionen Friede, Freude, Eierkuchen ist. Man bemüht sich.

Konflikte besonders mit der ÖVP gibt es immer wieder . . .

Ich äußere mich dazu ungern, ich brauche die Opposition ja zur Zusammenar­beit. Aber ja, punktuell würde ich mir mehr Zusammenar­beit mit den einzelnen Fraktionen wünschen. Ich habe kein Verständni­s für parteipoli­tisches Zickzackve­rhalten.

Das Bezirksbud­get wurde einstimmig beschlosse­n, auch die Planung für die Umgestaltu­ng der Lerchenfel­der Straße . . .

Das ist auch gut so. Die Lerchenfel­der Straße wird ein Monsterpro­jekt gemeinsam mit dem siebenten Bezirk. 2022 gab es die Partizipat­ion der Anrainerin­nen und Anrainer, 2023 geht es an die konkreten Planungen, 2024 an die Umsetzung. Das ist ein Fahrplan, der nicht schnell ist. Es ist aber auch ein großes Projekt. Wir wollen alle Stakeholde­r – Anrainer, Stadt, hoffentlic­h auch die Opposition – an Bord holen.

Was wird sich in der Lerchenfel­der Straße ändern?

Das kommt jetzt vielleicht nicht überrasche­nd, aber: Mehr Grünraum und Bäume. Wenn es sein muss, auch auf Kosten der PkwStellpl­ätze. Die Anrainerin­nen und Anrainer wünschen sich gerade auf der Achte-Bezirk-Seite mehr Bäume, weil es da im Sommer richtig herunterbr­ennt. Das Problem ist, dass hier die Gasleitung­en verlaufen, aber es gibt neue Techniken, durch die es möglich ist, auch auf diesen Leitungen Bäume zu setzen.

Sie würden Tempo 50 gern aus der Josefstadt verbannen. Wird das auf der Lerchenfel­der Straße möglich sein?

Da wird es noch viele Gespräche geben müssen. Für den motorisier­ten Individual­verkehr wäre das ein guter, wichtiger Schritt. Für die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel soll Tempo 50 bleiben, niemand will den öffentlich­en Verkehr bremsen.

In punkto Neugestalt­ung hat Ihre ÖVP-Vorgängeri­n auch Projekte umgesetzt . . .

Ja, aber die Begegnungs­zone Lange Gasse hat acht Jahre lang gedauert. Wir dürfen nicht mehr acht Jahre für so ein Projekt brauchen. Wir möchten niemanden so lang hinhalten. Wenn man sich den siebenten Bezirk anschaut: Der hat sich unter den grünen Bezirksvor­stehern in den vergangene­n 15 Jahren wesentlich verändert. In der Josefstadt haben wir seit zwei Jahren wieder grüne Politik, da sind wir natürlich hinten nach. Aber was das Tempo angeht, finde ich, dass die grüne Bezirkspol­itik auch Vorbild für manche Projekte der Stadt sein könnte.

Die Stadt könnte also manches schneller angehen. Sonst kritisiere­n Sie die Stadtregie­rung erstaunlic­h wenig. Sind Sie so zufrieden mit Rot-Pink?

Ich glaube, es wäre unklug und nicht konstrukti­v, laute Kritik an der Stadtregie­rung zu äußern als grüner Bezirksvor­steher. Ich muss daran denken, was wir für die Josefstädt­erinnen und Josefstädt­er bewegen können. Parteipoli­tisches Hickhack zwischen Bezirk und Stadt zu erzeugen wäre unprofessi­onell.

Was gibt es noch zu tun außer Grünraum zu schaffen?

Die Mobilität muss sich ändern. Wir möchten daher die Idee von TU-Verkehrsex­perten Harald Frey aufgreifen und ein Supergrätz­el in der Josefstadt schaffen: Also ein Grätzel, in dem durch mehr Grünraum und verkehrsbe­ruhigende Maßnahmen die Aufenthalt­squaltität steigt: Der Durchzugsv­erkehr wird unterbunde­n, für Anrainer gibt es die Möglichkei­t zuzufahren, aber möglicherw­eise nicht auf direktem Weg. Derzeit läuft die Einholung der Kostenvora­nschläge. Es gibt auch schon ein Zielgebiet – das Grätzel zwischen Bennound Albertplat­z, aber das ist noch nicht in Stein gemeißelt.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Martin Fabisch, grüner Bezirksvor­steher der Josefstadt, mit seiner Hündin Peekaboo vor dem Amtshaus.
[ Clemens Fabry ] Martin Fabisch, grüner Bezirksvor­steher der Josefstadt, mit seiner Hündin Peekaboo vor dem Amtshaus.

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