Kroatiens Wirtschaft abseits des Tourismus
Seit Anfang 2023 haben kroatische Firmen besseren Zugang zum Euroraum. Einstige Schlüsselindustrien befinden sich im Abstieg. In der Zukunftsbranche der E-Mobilität mischt ein kroatisches Start-up mit.
Nicht nur die geografische Nähe und die Sehnsucht nach den adriatischen Stränden verbindet Österreich mit Kroatien. Zwar ist der Tourismus der wichtigste Sektor des mit Jahresanfang der Eurozone und dem Schengenraum beigetretenen Landes, aber auch in vielen anderen Sektoren operieren österreichische Betriebe vor Ort. Von rund 800 heimischen Niederlassungen heimischer Unternehmen in Kroatien spricht man etwa bei der Wirtschaftskammer, die Währungsumstellung und der Wegfall von Grenzkontrollen würden die wirtschaftlichen Bande weiter stärken – denn damit fallen Kostenfaktoren weg.
Aber auch umgekehrt gilt: Mit Anfang 2023 haben kroatische Unternehmen einen erleichterten Zugang
zum europäischen Markt. Aber wer sind diese Unternehmen? „Kroatien ist nicht nur Tourismus. Es gibt auch Verarbeitendes Gewerbe etwa im Norden des Landes“, sagt Mario Holzner, Direktor des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW): „Im Nordosten, wo bereits die pannonische Tiefebene anfängt, sitzt die kroatische Lebensmittelindustrie.“
Führend in Jugoslawien
In dem weniger als vier Millionen Einwohner großen Land gibt es eine Erdölindustrie, Werften, Hersteller von Eisenbahngarnituren und Pharmakonzerne. Wobei viele Sektoren ihre goldene Zeit hinter sich haben. „Kroatien war früher Technologieführer in einem technologisch etwas rückständigen, aber nicht kleinen Markt“, erklärt Holzner: „Gemeinsam mit Slowenien war das Land der größte Profiteur des jugoslawischen Markts mit mehr als 23 Millionen Einwohnern. Heute hat Kroatien nicht einmal vier Millionen Einwohner, der Heimatmarkt ist heute viel weniger relevant.“
Einst hatte Kroatien etwa einen Anteil von mehr als einem Prozent an der globalen Schiffsproduktion, heute sind die Werften stark geschrumpft. Der Pharmakonzern Pliva war das Kronjuwel der jugoslawischen Industrie, er hat ein Breitbandantibiotikum entwickelt und produziert. Pliva etwa stellt heute Generika her, weil die eigenen Patente ausgelaufen und kaum neue nachgekommen sind.
Wirtschaftliche Potenziale gibt es aber zuhauf, etwa durch Investitionen in die Infrastruktur, für die auch europäische Mittel zur Verfügung stehen. „Der Hafen von Rijeka wurde lange Zeit vernachlässigt. Er wäre der tiefste Hafen in der nördlichen Adria, ist aber nicht gut ans europäische Transportnetz angeschlossen“, sagt Holzner. „Die Eisenbahninfrastruktur wird erst seit Kurzem aufgewertet.“
Auch junge aufstrebende Betriebe gibt es in dem Land, das mit einer alternden und schrumpfenden Bevölkerung zu kämpfen hat. Der Elektrosportwagenhersteller Rimac Automobili – eines von zwei Einhörnern Kroatiens – hat im vergangenen Jahr etwa die Mehrheit an der Nobelmarke Bugatti übernommen. (luis)