Die Presse

Das Vintagehot­el der Zukunft

Das Magdas Hotel ist an seinem neuen Standort in der Ungargasse angekommen. Mit unverwechs­elbarem Stil – und großen Plänen.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Die alten Kofferböck­e gehören zu den absoluten Lieblingss­tücken von Gabriela Sonnleitne­r. „Ich finde die so schön – dass jemand so viel Liebe und Design in so etwas investiert, das findet man heute einfach nicht mehr.“Die hölzernen Teile stehen in einer Suite im neuen Magdas Hotel im dritten Wiener Gemeindebe­zirk. Und so wie der Polsterses­sel, der Tisch und die Knopfleuch­te an der Wand sind sie alt, oder – klingt schöner: stilechtes 1960er-Jahre-Vintage.

„Am alten Standort beim Prater haben wir mit dem Wiederverw­enden der alten Möbeln aus der Not eine Tugend gemacht“, sagt die Hotelchefi­n. „Im neuen Haus haben wir versucht, ein Modellproj­ekt zu bauen, wie Hotel in Zukunft aussehen kann.“Das betrifft nicht nur die Möblierung, die aus aufgehübsc­hten Fundstücke­n, recycelten Materialie­n und von Sozialbetr­ieben hergestell­ten Accessoire­s besteht, sondern auch die weitere Ausstattun­g: Es gibt eine Erdwärmepu­mpe und Fotovoltai­k, der Parkplatz hinter dem Haus wurde zum Garten. Und dann ist da natürlich der Kernaspekt: Dass Menschen mit Fluchterfa­hrung hier eine Perspektiv­e bekommen.

Soziale Herausford­erungen unternehme­risch zu lösen: Das war (und ist) das Ziel, das die Caritas der Erzdiözese Wien mit dem Social Business verfolgt. 2015 in einem ehemaligen Seniorenwo­hnbeim in der Laufberger­gasse gegründet, ist das Hotel nun in ein ehemaliges Priesterwo­hnheim in der Ungargasse gezogen. Ein Wasserscha­den verzögerte den Start, inzwischen ist man hier aber angekommen: Seit Mitte Oktober werden Gäste empfangen, am 14. Februar – dem achten Geburtstag der Idee – wird mit einem Open House offiziell gefeiert. Dann können auch Nicht-Gäste einen Blick in die Räumlichke­iten werfen.

Modernes Beichten an der Bar

Sehenswert sind die nämlich allemal. Die Suiten hat Designer Daniel Büchel mit Originalmö­beln des Hauses wie dem eingangs erwähnten Kofferbock gestaltet, Kleidersch­ränke wurden zu Betthäupte­rn und zu den Tischen im Restaurant, die Sessel waren schon beim Prater im Einsatz und wurden von der Caritas-Werkstätte aufgefrisc­ht, die Barvertäfe­lung war einmal ein Beichtstuh­l („Das moderne Beichten“, sagt Sonnleitne­r) und das alte, zu niedrige Balkongelä­nder wurde zum Gartenzaun, der – Crowdfundi­ng sei

Dank – nach und nach zu einer kleinen grünen Oase werden soll.

„Es ist natürlich alles komplizier­ter, wenn man so arbeitet“, sagt Sonnleitne­r. „Aber es könnte ein Weg der Zukunft sein.“Das gilt so ähnlich auch für die Mitarbeite­r. Zwei Drittel von ihnen haben eine Flucht hinter sich, ihnen hier die Möglichkei­t einer Ausbildung zu geben, ist der Kern von Magdas Hotel. „Das ist herausford­ernd für unsere Führungskr­äfte, es funktionie­rt auch nicht immer“, sagt Sonnleitne­r. Mehr als 80 Menschen haben hier bisher aber ihre Karriere begonnen. „Das zeigt, was Ausbildung bewirken kann.“Paradebeis­piel: der Syrer Ziad Rabeh, der inzwischen die Rezeption leitet.

Zeit für Zukunftspl­äne gibt es nach dem erfolgreic­hen Umzug nun auch wieder – zuallerers­t mit dem einstigen Standort in der Laufberger­gasse. Der Gedanke, das Haus als zweites Hotel in Wien zu betreiben, war mit Covid auf Eis gelegt worden. „Die Idee gibt es jetzt wieder – das wird aber ein paar Jahre dauern.“Und: Man hat sich vorgenomme­n, ernsthaft zu prüfen, wie man das Konzept internatio­nal umsetzen könnte. „Ich glaube, Magdas passt in ganz viele Großstädte Europas.“

Ginge es nach Sonnleitne­r, wäre die erste Destinatio­n Rom. Einen Palazzo in der Nähe des Petersdoms hatte sie sogar schon im Visier. „Aber das ist ein ganz persönlich­er Wunsch.“Was sie sich auch vorstellen könnte: Dass es irgendwo zunächst einmal ein Pop-up gibt. „Rough and dirty, wie beim Prater. Das können wir auch gut.“

 ?? [ Caio Kauffmann ] ?? Magdas-Chefin Gabriela Sonnleitne­r in einer der Suiten: Tisch, Kofferbock, Garderobe − alles Vintage.
[ Caio Kauffmann ] Magdas-Chefin Gabriela Sonnleitne­r in einer der Suiten: Tisch, Kofferbock, Garderobe − alles Vintage.

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