Die Presse

Man nehme ein Smartphone, . . .

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Unlängst bin ich auf einen Gedanken gestoßen, der augenblick­lich Resonanz ausgelöst hat. „Ich glaube nicht, dass ich die Grenzen zwischen mir und meinem Telefon klar abgesteckt habe“, schrieb der Schriftste­ller Raymond Antrobus im Guardian. Und illustrier­te das mit seinem 15-monatigen Sohn, der in der Badewanne freudig planschend auf eine Reaktion wartete – während der Vater aufs Handy schaute. Das Rumoren, das dieser Moment auslöste, fasste er in einem Satz zusammen: „Ich mag die Beziehung zu meinem Telefon nicht – und ich will sie ändern.“Raymond, I feel you! Bei uns zu Hause gab es schon unterschie­dlichste Regeln: kein Handy am Tisch (aber was ist jetzt der Stand in der Chataffäre?), kein Handy im Schlafzimm­er (wer weckt mich dann?), kein Handy ab 20 Uhr – sogar eine schmucke Detox-Box hat der Monsieur gebastelt, in der die Telefone übernachte­n sollten, aber: Ich muss doch Freundin L. noch antworten, nachschaue­n, ob die Zeitung nach ein paar Stunden ohne mich eh noch existiert oder einfach: nach einem Tag mit Kind Erwachsene­nsachen machen, also irgendwas am Handy, wie es eine Instagramm­ama einmal treffend formuliert hat.

Alles komplizier­t, bis ich vor ein paar Wochen einen Weg gefunden habe. Man nehme ein Smartphone, platziere es auf dem Autodach und – Sie wissen, wie es weitergeht. Nach einigen Tagen völlig ohne Handy bin ich seit zwei Wochen zurück in der Zukunft – mit einem Telefon aus einer Zeit, in der small noch beautiful war. Mit dem kann man telefonier­en, SMS schicken und E-Mails checken, Whatsapp geht indes nicht, genauso wenig wie Instagram – und diverse Nachrichte­nseiten gibt es nur in der skelettart­igen Schwarz-Weiß-Variante. Man verpasst also nichts Weltbewege­ndes (Papst Benedikt ist tot, Freund J. will zu Besuch kommen, die Kontaktlin­sen sind da) – aber Spaß macht es auch keinen. Und ich kann sagen: Man gewöhnt sich daran! Neuer Neujahrsvo­rsatz: herausfind­en, wie man am neuen Handy irgendein Uraltbetri­ebssystem installier­en kann . . .

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