Wer zahlt für Schäden in der Wohnung?
In welchem Zustand muss man die Mietwohnung an den Vermieter zurückstellen? Eine OGH-Entscheidung erinnert daran, dass Ersatzansprüche des Vermieters für Schäden in der Wohnung Grenzen haben.
Bei Übersiedlungen ist er meist ein zusätzlicher Stressfaktor – der Übergabetermin, bei dem die alte Wohnung an die Vermieterin oder den Vermieter zurückgegeben wird. Oft genug wird dann darüber gestritten, wer die Kosten für diverse Schäden tragen muss. Kratzer im Fußboden, ein Sprung im Lack der Wohnzimmertür, Gebrauchsspuren in Küche und Bad: Sind das normale Abnützungserscheinungen, die Vermieter hinnehmen müssen? Oder kann dafür ein Teil der Kaution einbehalten bzw. Schadenersatz verlangt werden – und wenn ja, wie teuer wird das dann?
Pauschal lässt sich das zwar nicht beantworten, denn jeder Fall ist anders gelagert. Eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH; 9Ob79/22s) zeigt jedoch einen Aspekt auf, der in der Praxis oft übersehen wird: Selbst wenn tatsächlich ein Schaden vorliegt, für den man als Mieter einstehen muss, bedeutet das in vielen Fällen nicht, dass man die vollen Renovierungskosten tragen muss. In der Praxis dürften Mieter da mitunter über Gebühr zur Kassa gebeten werden.
Aber von Anfang an: Im Anlassfall ging es nicht bloß um eine einzelne vermietete Wohnung, sondern um ein Mehrparteienhaus,
das von 2011 bis 2016 als Ganzes vermietet war. Dementsprechend hoch war auch der Betrag, um den letztlich gestritten wurde. Als Kaution hatte die Mieterin eine Bankgarantie erlegt, und diese wurde von der Vermieterin dann auch tatsächlich gezogen – und zwar in weit überhöhtem Ausmaß, wie die Gerichte feststellten. Über 32.700 Euro seien demnach zu Unrecht einbehalten worden, entschied das Berufungsgericht, und der OGH fand daran nichts auszusetzen. Dieses Geld bekommt die Mieterin nun zurück.
Normale Abnützung anrechnen
Aber welche Grundsätze gelten hier überhaupt? Der OGH verweist auf § 1109 und § 1111 ABGB. Grundsätzlich muss man demnach als Mieter die Sache in dem Zustand zurückgeben, wie man sie übernommen hat – wobei auch eine abweichende Vereinbarung getroffen werden kann. Aber: Nach ständiger Rechtsprechung muss ein Mieter für die „durch den vertragsmäßigen Gebrauch bewirkte“Abnützung nicht aufkommen. Sondern lediglich für „übermäßige“bzw. „missbräuchliche“Abnützung. Schadenersatzrechtlich haftet er, wenn ihn an der Beschädigung des Mietgegenstands oder der „missbräuchlichen“Abnutzung ein Verschulden trifft. Der Schadenersatzanspruch sei dabei primär auf Naturalrestitution gerichtet, nach der Rückstellung des Mietgegenstandes steht dem Vermieter jedoch immer Geldersatz zu, führt der OGH in der Entscheidung weiter aus.
Wobei die Ersatzleistung – wie auch sonst im Schadenersatzrecht – so zu bemessen ist, dass der Geschädigte nicht schlechter gestellt wird als vor dem Schadensereignis. Aber: Er kann auch keine Besserstellung verlangen. Dementsprechend spreche die Judikatur „in solchen Fällen nicht die vollen Wiederherstellungskosten zu“, heißt es in der Entscheidung. Der Schaden bestehe nämlich nur in der Differenz zwischen dem auch ohne das Schadensereignis verminderten Verkehrswert und dem durch das schädigende Ereignis noch weiter verminderten Wert. Den Differenzbetrag zwischen dem Wert der unbeschädigten und der mit Verwendung von Neuteilen reparierten (und dadurch aufgewerteten) Sache könne der Schädiger daher von den Kosten der Schadensbehebung in Abzug bringen.
Im konkreten Fall war die Lebensdauer der beschädigten Gegenstände abgelaufen, die Vermieterin hätte diese ohnehin erneuern müssen. Damit fällt ein Schadenersatzanspruch gänzlich flach (und zwar selbst dann, wenn der Mieter nicht besonders sorgfältig mit den Dingen umgegangen ist).
Kein Recht auf „Bereicherung“
Zwar war im Mietvertrag vereinbart worden, dass das Mietobjekt „in gleich gutem Zustand“zurückzustellen sei. Das sei jedoch nicht als Regel für die schadenersatzrechtliche Wertermittlung zu verstehen und ändere nichts daran, dass ein Schadensfall nicht zu einer „Bereicherung“für die Vermieterin
führen solle, hielt der OGH sinngemäß fest.
All das ergibt sich auch schon aus älterer Judikatur, wird aber in der Praxis nicht immer so gehandhabt. AK-Wohnrechtsexperte Walter Rosifka vergleicht Schäden in der Wohnung mit einem Kfz-Schadensfall: „Wenn einem jemand ins Auto hineinfährt, bekommt man von dessen Versicherung ja auch keinen fabriksneuen Wagen als Ersatz.“Dass aber einem Mieter anlässlich des Auszugs aus der Wohnung z. B. die Rechnung für eine fabriksneue Tür präsentiert wird, weil eine viele Jahre alte Tür ausgetauscht werden muss, komme immer wieder vor.
In den allermeisten Fällen wird man diese Kosten dann nicht zur Gänze, sondern nur anteilig tragen müssen. Wobei es freilich auch hier auf die konkreten Gegebenheiten und den genauen Vertragsinhalt ankommt.