Man kann auch ohne Schwester aufwachsen
Pflegemutter sei für das Kind nun wichtiger, sagt Gericht.
Seit fünf Jahren lebt die Sechsjährige bei einer Pflegemutter. Dadurch müsse die Kleine aber ohne ihre beiden Schwestern aufwachsen, kritisierten die leiblichen Eltern.
Und tatsächlich sei das gemeinsame Aufwachsen von Geschwistern im selben Haushalt für die Entwicklung der Kinder „von erheblicher Bedeutung“, wie der Oberste Gerichtshof (OGH) betonte. Eine solche Trennung solle sogar „tunlich vermieden“werden. Und doch entschieden die Richter, dass die Obsorge über das Mädchen bei der Pflegemutter bleibt; aber was sind die Gründe dafür?
Das Mädchen hat bereits zwei frühkindliche Betreuungswechsel hinter sich. Inzwischen hat die Kleine aber eine tiefe Bindung zu ihrer Pflegemutter, während eine tragfähige Beziehung zu den leiblichen Eltern fehlt. Die Richter fürchten deswegen, dass ein Zurück zur leiblichen Familie „eine erhebliche Gefahr“für die Entwicklung des Kindes darstelle, weil dann ein Ende seiner Beziehung zur Pflegemutter droht. Umgekehrt habe das Mädchen keine gefestigte Beziehung zu den Schwestern entwickelt, da die Kleine bereits mit zehn Monaten wegen akuter Gefährdung zu einer Pflegemutter gegeben werden musste.
Und „von den Schwierigkeiten, die mit einer Eingliederung der jüngsten Tochter in die leibliche Familie verbunden wären, und von den damit einher gehenden Belastungen für das Kind haben die Eltern kein realistisches Bild“, meinte der OGH (5 Ob 189/22p). Erst wenn die leiblichen Eltern die Bedeutung der Pflegemutter für das Kind akzeptieren, könne es eine Rückführung geben.