Die bösen Geister von Katar umschwirren Bayern München
Der deutsche Rekordmeister absolviert das traditionelle wie umstrittene Wintertraining im Emirat. Die deutschen WM-Erfahrungen sind keine Hilfe.
Die Fragen, die das traditionelle Wintertrainingslager von Bayern München in Katar begleiten, waren schon länger ob der Menschenrechtsverletzungen im Land von der ungemütlicheren Sorte, nun kommt für einige deutsche Profis wie Leon Goretzka, Joshua Kimmich, Jamal Musiala oder Leroy Sané eine unangenehme Dimension hinzu: die Erinnerung an eine völlig verpatzte WM-Endrunde mit dem Nationalteam. „Natürlich haben die Jungs darüber nachgedacht“, sagte Sportdirektor Hasan Salihamidžić bei der Ankunft in Doha zu den negativen Erfahrungen. „Aber wenn man mit dem FC Bayern zurückkommt, ist es etwas anderes. Die Jungs hatten ein paar Wochen Urlaub und konzentrieren sich jetzt auf die nächsten Aufgaben.“
In unmittelbarer Nähe zum Teamhotel, das während des Turniers übrigens dem katarischen Team vorbehalten war, direkt neben den Rasenplätzen der Aspire Zone ist das Khalifa-Stadion zu sehen, wo die 1:2-Niederlage gegen Japan im ersten Gruppenspiel das DFB-Debakel eingeläutet hat. Die aktive Aufarbeitung der WMErlebnisse sei trotzdem wichtig, es wurden viele Gespräche geführt. Darin wird der Fokus bewusst nach vorn gerichtet. Die WM-Teilnehmer seien „in einer guten Verfassung“, urteilte Salihamidžić nach den ersten Einheiten: „Im Training war schon Feuer drin.“
Die Baustelle im Tor
Statt bei ungewohntem Regen in Katar erste Läufe zu absolvieren, fand sich Manuel Neuer mit Krücken in der Säbener Straße ein. Der 36-Jährige erlitt nach der WM bei einer Skitour einen Beinbruch und wird für den Rest der Saison ausfallen. „Das Thema Torwart beschäftigt uns natürlich. Die Verletzung von Manuel hat uns hart getroffen“, sagte Salihamidžić. „Wir werden aber jetzt unsere Arbeit machen, Optionen checken und dann irgendwann eine Entscheidung treffen.“
Bei der Suche nach Ersatz handelte sich Bayern bislang Absagen
ein: Alexander Nübel, eigentliche Nummer zwei und derzeit an AS Monaco verliehen, zeigte wenig Interesse an einer vorzeitigen Rückkehr als Lückenfüller, bei Yann Sommer sprach sich Borussia Mönchengladbach vorerst gegen einen Wechsel im Winter aus. Allerdings habe sich der 34-Jährige selbst interessiert gezeigt, die Münchner Verantwortlichen werten das Veto deshalb eher als Teil des Transferpokers.
Im Trainingslager ist Sven Ulreich der Neuer-Ersatz. Daneben verfügen die Bayern allerdings nur noch über unerfahrene Nachwuchstorhüter. Ohne neuen Toptorwart erscheint dem Klub das Risiko zu groß, mit dieser Besetzung die hohen Saisonziele in Meisterschaft und Champions League nicht erreichen zu können. „Die Transfermarktperiode geht bis zum 31. Januar. Bis dahin werden wir entweder etwas machen oder nicht“, sagte Salihamidžić.
Nicht nach Katar mitgereist ist Marcel Sabitzer wegen einer Influenza-Erkrankung. Ob bzw. wann der ÖFB-Teamspieler nachkommen könnte, blieb unklar. Mit an Bord war dafür Neuzugang Daley Blind, der Lucas Hernández (Kreuzbandriss) ersetzen soll. „Ich weiß, dass ich vielleicht nicht die erste Option sein werde. Aber ich werde darum kämpfen, sie zu werden“, so der Niederländer.
„Kopfzerbrechen“zu Sponsor
Fragen dazu, ob das umstrittene Sponsoring durch Qatar Airways trotz Fanprotesten verlängert wird, ließ Bayerns Klubführung unbeantwortet. Zuletzt hatten Vorstandschef Oliver Kahn und Präsident Herbert Hainer nach der WM „intensive Gespräche“mit der Fluggesellschaft angekündigt. Kahn wird im Laufe des Trainingslagers in Doha erwartet. Inwieweit es dabei zu Verhandlungen kommt, ist offen.
Der Vertrag mit dem Sponsor, für den der Rekordmeister seit 2018 auf den Trikotärmeln wirbt, endet in diesem Jahr. Hainer räumte immerhin ein, dass ihm das Thema „schon Kopfzerbrechen“bereite. Wie viel Unruhe die politische Debatte um Katar in eine Mannschaft bringen kann, hat das deutsche WM-Scheitern gezeigt. (swi)
Natürlich haben die Jungs nachgedacht, aber mit Bayern zurückzukommen, ist etwas anderes.
Hasan Salihamidˇzic´, Bayern-Sportdirektor