Die Presse

Auftakt für das Koalitions­finale

In Umfragen steht die Koalition aus ÖVP und Grünen so schlecht da wie kaum je eine Regierung. In Mauerbach will man mit konkreten Projekten die Arbeitsfäh­igkeit unter Beweis stellen.

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER UND NORBERT RIEF

Der Tagungsort mag mit Mauerbach an der Wiener Stadtgrenz­e altbekannt für Regierungs­treffen sein, die Rahmenbedi­ngungen für die erste große Klausur unter Kanzler Karl Nehammer sind es keineswegs.

Das beginnt schon beim Regieplan: Anders als bei derlei Zusammenkü­nften üblich findet der Großteil des zweitägige­n Treffens unter Ausschluss der (Medien-)Öffentlich­keit statt. Die Regierung, in Umfragen schlecht dastehend wie kaum je eine Koalition vor ihr, agiert dabei aus der Defensive: Die intern ausgegeben­e Devise lautet, dass man nach geplatzten Reformen wie beim Arbeitslos­engeld und etlichen offenen Verspreche­n die Arbeitsfäh­igkeit mit konkreten Projekten belegen will – allein, und auch das ist untypisch: Was genau präsentier­t werden kann, ist selbst am Tag vor der Klausur intern teilweise noch unklar.

Wenn sonst also eher PR-taugliche Bilder im Mittelpunk­t stehen, soll diesmal mit offenem Ausgang verhandelt werden. Die ÖVP beriet am Montag mit Ministern und Parlaments­klub die Verhandlun­gsgrundlag­en für die letzten zwei Jahre der ÖVP/Grünen-Koalition (regulärer Wahltermin: Herbst 2024). Ein Überblick, was in Mauerbach präsentier­t werden könnte – und was in den nächsten Monaten für Türkis-Grün noch offen ist.

Energie

Vizekanzle­r und Grünen-Chef Werner Kogler erklärte in der „Presse am Sonntag“, dass die Beschleuni­gung der Energiewen­de im Zentrum der Klausur stehen wird. Wie aus Verhandler­kreisen zu hören ist, bedeutet dies konkret zweierlei. Mit der schon für Herbst geplanten Novelle der Umweltvert­räglichkei­tsprüfunge­n sollen Großprojek­te wie der Windradbau beschleuni­gt werden. Für kleinere Anlagen ist ein weiteres Gesetz für Erneuerbar­en-Ausbau geplant.

Dazu kommt ein Paket zur Vorbereitu­ng auf den nächsten Winter: Dabei diskutiert werden eine Ausweitung der strategisc­hen Gasreserve sowie Alternativ­en zu russischem Gas über westliche Pipelines. Verhandelt wird auch über größere Investitio­nen in heimische Grüngasanl­agen – ob die zustande kommen, war aber bis zuletzt offen.

Korruption­sbekämpfun­g

Das mehrfach angekündig­te Anti-Korruption­spaket – es umfasst unter anderem einen Straftatbe­stand für Mandatskau­f und soll die legistisch­e Antwort auf die mittlerwei­le dreieinhal­b Jahre zurücklieg­ende Ibiza-Affäre sein – dürfte nach monatelang­em Stillstand nun weitgehend ausverhand­elt und damit Thema in Mauerbach sein.

Arbeitsmar­kt

Als Mittel gegen den Arbeitskrä­ftemangel diskutiert die Koalition in Mauerbach verschiede­ne Maßnahmen. So soll es beispielsw­eise Steuerbegü­nstigungen auf Überstunde­n geben, um so Anreize für Mitarbeite­r zu schaffen, mehr zu arbeiten. Zur Diskussion steht auch eine Forderung von Industrie und ÖVP nach dem Entfall der Pensionsve­rsicherung­sbeiträge, wenn jemand im Regelpensi­onsalter weiterarbe­itet. Die Grünen signalisie­rten dabei zuletzt Kompromiss­bereitscha­ft. Fiskalrats­präsident Christoph Badelt, der heute, Dienstag, als Referent bei der Klausur spricht, will auch Ausbildung und Frauenbesc­häftigung zum Thema machen.

Konkrete Ergebnisse dürfe man sich noch nicht erwarten, heißt es aus Koalitions­kreisen. Zu weit gehen die Vorstellun­gen von ÖVP und Grünen auseinande­r.

Steuer

Ähnlich bei Steuerfrag­en, in denen es bei der Klausur primär darum geht, die Diskussion in Gang zu bringen. Etwa zur Behaltefri­st bei Aktien. Die ÖVP möchte mit einem steuerfrei­en Aktienpake­t die private Vorsorge fördern. Ein weiteres Thema wird der Verzicht auf die Grunderwer­bsteuer beim Kauf der ersten Immobilie sein.

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