Brechen die Briten das Kampfpanzer-Tabu?
Waffenlieferungen. Großbritannien erwägt als erstes westliches Land, moderne Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Andere könnten mit- und nachziehen. Aber noch ist nichts entschieden.
Er war schon im zerfallenden Jugoslawien im UN-Einsatz und rollte ab 2003 in der Wüste des Irak: Demnächst könnte der britische Kampfpanzer Challenger 2 auf den ukrainischen Schlachtfeldern auftauchen. Denn Berichten zufolge erwägt London, die 62 Tonnen schweren Waffensysteme an die Ukraine auszuliefern. Zwar nur rund zehn Stück davon, aber den Briten schwebt die Rolle des Vorreiters vor: Andere sollen mit- und nachziehen. Es wäre eine Zäsur. Kampfpanzer hat die Ukraine zwar schon erhalten, aber noch keine westlichen Fabrikate, nur sowjetische.
Entschieden ist laut „Sky News“nichts, die britische Debatte gewänne aber seit Wochen an Fahrt. Mögliche Mitstreiter gibt es auch schon. Polen schwebt die Bildung einer breiten Koalition zur Übergabe moderner Kampfpanzer vor, sagte Vize-Außenminister Paweł Jabłon´ski am Montag. Sein Land könnte dabei Leopard-2-Panzer abgeben. Warschau setzt damit Berlin unter Druck. Die Ausfuhr der Leopard-Panzer müssten nämlich die Deutschen abnicken. Heikel. Finnland ist ein weiterer Kandidat für eine mögliche Allianz. Und Deutschland debattiert selbst über die Lieferung von Leopard-2-Panzern. Die oppositionelle Union drängt darauf, auch Teile der Ampelregierung sind dafür, andere stehen auf der Bremse. „Die Bundesregierung hat zum jetzigen Zeitpunkt kein Bestreben, der Ukraine Leopard-2-Panzer zu liefern“, stellte am Montag ein Regierungssprecher klar.
Die westliche Debatte läuft auf den 20. Jänner zu, wenn sich die Waffenhelfer wieder im Ramstein-Format treffen.
Deutschland hatte zuletzt einen Tabubruch gewagt und gemeinsam mit den USA die Lieferung westlicher Schützenpanzer angekündigt. Die Fahrzeuge bringen die Infanterie ins Gefecht und sind deutlich schwächer gepanzert und bewaffnet als Kampfpanzer. Frankreich wiederum sagte der Ukraine einige Spähpanzer zu. Der
Kreml schimpfte, die Lieferung weiterer gepanzerter Fahrzeuge würde das Leid der Ukrainer „verschlimmern“. Aber das ist wohl Wunschdenken.
Allerdings haben einige Experten Zweifel am schnellen Nutzen von Kampfpanzern aus dem Westen. Denn im Arsenal der Ukraine kamen sie bisher nicht vor. Die möglichen Probleme reichten daher von A wie Ausbildung bis W wie Wartung. Die Ukrainer selbst versuchen stets, solche Einwände beiseitezuwischen. Sie insistieren, westliche Kampfpanzer seien bitter nötig, um besetzte Gebiete zurückzuerobern.
In Soledar ist die Lage „schwierig“
Aber im Donbass macht Moskau Druck. Die Ukrainer wollen zuletzt 14 Angriffe auf Orte im Donbass abgewehrt haben. „Bachmut hält durch“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskij über die Stadt. Im nahen Soledar, einem kleinen Ort mit einst 14.000 Einwohnern, räumte Kiew aber Probleme bei der Verteidigung ein. Die Lage sei „schwierig“.