Freispruch beflügelt Babĭs knapp vor der Wahl
Die Anklage gegen den Milliardär und Ex-Premier wegen des Missbrauchs von EU-Geldern stand für das Gericht auf tönernen Füßen. Babĭs kann jetzt gestärkt in die Präsidentschaftswahlen am Wochenende gehen.
Damit hatte kaum einer der Anwesenden im Verhandlungssaal des Prager Stadtgerichts gerechnet: Nach fast siebenjährigen Untersuchungen ist der frühere tschechische Regierungschef Andrej Babisˇ vom Vorwurf des Missbrauchs von EU-Subventionen freigesprochen worden. Die dem Gericht vorgelegten Belege der Anklage, so der Richter, hätten nicht ausgereicht, von einer Straftat zu sprechen.
Das Gericht folgte mit seinem Urteil dem Antrag der Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Haft auf Bewährung beantragt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft kann dagegen Berufung einlegen. In dem Prozess ging es um die Finanzierung des Erholungsund Kongresszentrums Storchennest in Mittelböhmen, das zum Großunternehmen Agrofert des Geschäftsmanns Babisˇ gehörte.
Die Anklage warf dem Milliardär vor, das Resort bewusst aus dem Großkonzern ausgelagert zu haben, um für das Storchennest 50
Millionen Kronen (zwei Millionen Euro) aus einem Subventionsfonds der EU für kleine und mittlere Firmen zu erhalten. Anschließend sei das Projekt wieder zum Bestandteil des Großkonzerns Agrofert erklärt worden.
Ermittlungsorgane der EU hatten in der Vergangenheit das Vorgehen von Babisˇ in der Causa Storchennest für gesetzwidrig erklärt, woraufhin sich Babisˇ veranlasst sah, das EU-Geld freiwillig zurückzuzahlen. Auch deshalb kam das Urteil des Prager Stadtgerichts für viele überraschend.
Babisˇ zeigte sich am Mittag vor der Presse sehr erleichtert und emotional gerührt angesichts der Gerichtsentscheidung zu seinen Gunsten. „Das ist für mich ein glücklicher Tag“, sagte er und konnte dabei die Tränen nur schwer unterdrücken. Die vergangenen Jahre seien für ihn und seine Familie ein „Trauma“gewesen. Babisˇ bat auf Nachfrage um Entschuldigung für frühere Äußerungen über einen „politischen Prozess“gegen ihn. „Es ist gut, dass sich die tschechische Justiz als unabhängig erwiesen hat.“Noch am Freitag hatte er in seinem Schlusswort während des Prozesses von einem „politisch motivierten Prozess“gesprochen.
Patt vor 1. Wahldurchgang
Die Frage, die alle in Prag nach der Urteilsverkündung umtreibt, ist die, welche Auswirkungen sie auf den Präsidentschaftswahlkampf haben wird. Babisˇ gehört zu den Kandidaten, liegt in den Umfragen zumindest für die erste Runde mit zwei anderen Kandidaten auf Augenhöhe. Babisˇ war den bisherigen Debatten in zwei großen Fernsehsendern ferngeblieben und will sich nur einem großen Einzelinterview an diesem Donnerstag stellen, einen Tag vor dem Beginn der ersten Runde der Wahlen.
Die anderen Kandidaten nutzten namentlich die TV-Runde am Sonntag im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu wiederholten schweren Angriffen auf Babisˇ und verwiesen dabei besonders auf die Causa Storchennest. Nach dem Urteil vom Montag herrschte dann aber auch bei ihnen die Auffassung vor, dass der Spruch des Gerichts zu respektieren sei.
Die zwei wichtigsten Widersacher von Babisˇ, der einstige Militär Petr Pavel und die frühere Rektorin der Universität in Brno (Brünn) Danusˇe Nerudová zeigten sich optimistisch, Babisˇ trotz des Richterspruchs bei den Wahlen schlagen zu können. Pavel sagte: „Babisˇ muss, gestärkt durch die Entscheidung des Gerichts, von jemandem herausgefordert werden, der die nötige Erfahrung hat und bereits seine größten Schlachten geschlagen hat. Ich werde Babisˇ mit Ihrer Unterstützung bei den Wahlen besiegen, kommen Sie und wählen Sie.“Nerudová meinte, das Urteil „ändert nichts daran, dass Andrej Babisˇ seit Langem in der Politik nur seine eigenen Interessen durchsetzt und zur Untergrabung der Demokratie beiträgt“.
Politologen äußerten die Ansicht, dass Ex-Ministerpräsident Babisˇ von dem Urteil durchaus profitieren könne. Punkten könnte er bei noch unentschlossenen Wählern. Die könnten zu der Auffassung gelangen, dass Babisˇ jahrelang zu Unrecht beschuldigt worden sei und deshalb eine Chance als Präsident verdiene.