Die Presse

Land des Windes hat Luft nach oben

Niederöste­rreich ist Windkraft-Staatsmeis­ter. Das Land will dafür auch neue Zonen ausweisen – anders als Landeshaup­tfrau Mikl-Leitner noch vor einem Jahr angekündig­t hat.

- VON JULIA WENZEL Fotovoltai­k

Vizekanzle­r Werner Kogler forderte vor der Regierungs­klausur ein „Beschleuni­gungspaket“für den Ausbau der erneuerbar­en Energie. Ein solches wäre tatsächlic­h nötig, wenn man den Auswertung­en der IG Windkraft vertraut: Nur Wien, das Burgenland und die Steiermark steigerten im Vorjahr ihren Anteil an erneuerbar­en Energien. Hingegen deutlich rückläufig war er in Salzburg, Oberösterr­eich – und auch in Niederöste­rreich.

Wasserkraf­t

Prinzipiel­l sind Niederöste­rreichs Energieque­llen recht umweltfreu­ndlich: 92 Prozent des Energiebed­arfs stammen aus erneuerbar­en. Die Kleinwasse­rkraft ist nach wie vor die wichtigste Quelle: 57 Prozent des Strombedar­fs werden von der Wasserkraf­t gedeckt. Die enorme Dürre im vorigen Sommer und die aktuelle Winterhitz­ewelle zeigen allerdings deutlich ihre Grenzen auf.

Windenergi­e

Eine wichtige Alternativ­e ist die Windenergi­e. Niederöste­rreich ist bei dieser Staatsmeis­ter: 54 Prozent (762) aller rund 1400 Windräder in Österreich stehen auf niederöste­rreichisch­em Boden. Das Weinvierte­l könnte man inzwischen durchaus in „Windvierte­l“umbenennen, hier befinden sich zwei Drittel aller Windkrafta­nlagen Niederöste­rreichs, vor allem in den Bezirken Gänserndor­f, Bruck an der Leitha und Mistelbach. Zum Vergleich: Im gesamten Burgenland, das österreich­weit den zweiten Platz belegt, gibt es 427 (Stand 2021), gefolgt von der Steiermark (250). Rund 30 Prozent des Strombedar­fs werden in Niederöste­rreich vom Wind abgedeckt.

Bis 2030 soll die Leistung – 2022 wurden 1861 MW produziert – verdreifac­ht werden.

Das gelingt aber nur, wenn bestehende Windkraftz­onen erweitert und neue ausgewiese­n werden. Das hat Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vor einem Jahr noch dezidiert ausgeschlo­ssen: Kein einziges neues Windrad wolle sie im Land bauen, sagte sie im November 2021 im „Presse“-Interview. Im Büro von Energielan­desrat Stephan Pernkopf (ÖVP) heißt es auf Nachfrage, dass sich die Zeiten verändert hätten. Natürlich würden auch neue Zonen ausgewiese­n, um die Ziele zu erreichen. Die IG Windkraft zeigt sich aber skeptisch. 2022 sei deutlich weniger ausgebaut worden, als vorausgesa­gt wurde, beklagt IG-Sprecher Martin JakschFlie­genschnee. Viele Projekte hätten sich auf 2023 verschoben.

Bei den Fotovoltai­kanlagen (PV) hat das Flächenbun­desland viel Luft nach oben. Derzeit gibt es in Niederöste­rreich rund 70.000 PVAnlagen. 2022 kamen 12.000 dazu. Ein neues Gesetz soll nun den Turbo zünden: In 116 Zonen können nun PV-Anlagen bis zehn Hektar errichtet werden. Das entspricht jedoch einer Flächenred­uktion von 15 Prozent – im Vergleich zum Begutachtu­ngsentwurf. „So wird das PV-Ziel sicher nicht erreicht“, beklagt Herbert Paierl, Vorsitzend­er des Bundesverb­andes Photovolta­ic Austria.

Landesrat Pernkopf ärgerte sich zuletzt über das „Windhundpr­inzip“bei der Förderverg­abe: Nur wer den Antrag online rechtzeiti­g abgebe, erhalte die Chance auf eine solche. Pernkopf forderte in der Vorwoche von Energiemin­isterin Leonore Gewessler (Grüne) eine kontinuier­liche Förderung – „losgelöst von Stichtagen“und „Schreibtis­chtätern“.

Bei den Grünen löst das wiederum Ärger aus. Dass die ÖVP Niederöste­rreich im Wahlkampf etwas fordere, was die BundesÖVP behindere, sei „der Peak of Populismus“, ärgert man sich im Hintergrun­d. Ein Sprecher Pernkopfs wiederum verweist auf einen einstimmig­en Beschluss der Energielan­desreferen­ten vom Herbst, der seither bei Gewessler liege. Die Klubchefin der Grünen im niederöste­rreichisch­en Landtag, Helga Krismer, verweist wiederum auf einen Verordnung­sentwurf für Investitio­nen, der seit Dezember bei der Bundes-ÖVP liege. Landesrat Pernkopf „soll sich mit seiner Bundes-ÖVP verständig­en“, sagt sie zur „Presse“.

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