Wenn selbst Corona-Positive aufschlagen dürfen
Australien, einst Regel-Vorreiter, legte innerhalb von zwölf Monaten eine 180-Grad-Wende in Coronafragen hin.
Die USA gehen andere Wege. Dort scheint Djokovíc bis auf weiteres nicht willkommen.
Australien und Novak Djoković, das ist wahrlich eine spezielle Beziehung. Neun Mal hat der Serbe das Grand-Slam-Turnier in Melbourne bislang gewonnen, so oft wie kein anderer war er in Down Under obenauf gewesen. Vor exakt einem Jahr aber, im Jänner 2022, folgte auf den Höhenflug des 35-Jährigen ein beispielloser Absturz.
Djokovićs Versuch, ohne CoronaImpfung, aber mit medizinischer Ausnahmegenehmigung an den Australian Open teilzunehmen, führte ihn in ein Melbourner Abschiebehotel und vor das Bundesgericht. Premierminister, Innenministerin, Einwanderungsminister – alle beschäftigte nun die Causa um den Tennisstar, der die geltenden Spielregeln in Australien partout umgehen wollte. Die Konsequenz: Djokovićs Visum wurde für ungültig erklärt. Und anstatt um seinen zehnten Titel zu spielen, wurde er des Landes verwiesen.
Jetzt, ein Jahr danach, ist Djoković zurück in Melbourne, wo nichts mehr so ist, wie es vor zwölf Monaten war. Denn Australien und sein Grand Slam haben eine 180-Grand-Wende vollzogen. Einreisende müssen nicht länger eine Covid-Impfung vorweisen.
Die Veranstalter der Australian Open gehen sogar sehr viel weiter. Selbst positiv getestete Spielerinnen und Spieler dürfen zu Matches antreten, eine Meldepflicht gibt es nicht. Auch für die über 12.000 Mitarbeiter des dreiwöchigen Events gelten diese, also keine Regeln. Turnierdirektor Craig Tiley ergänzte bloß: „Wir bitten darum, dass jemand zu Hause bleibt, wenn er sich nicht gut fühlt.“
Zugrunde liegt diesem Kurswechsel auch einer an der Spitze der Regierung. Die Australian Labor Party um Anthony Albanese übernahm im Mai 2022 das Ruder der Liberal Party of Australia und dem bisherigen Premier Scott Morrison. Letzterer hatte in der Causa eine klare Position eingenommen. „Für Novak Djoković sollte es überhaupt überhaupt keine Sonderregelungen geben. Wenn die Beweise für die Ausnahmegenehmigung nicht ausreichen, dann wird er nicht anders behandelt als alle anderen und sitzt im nächsten Flugzeug nach Hause“, hatte Morrison im Jänner 2022 auf einer Pressekonferenz erklärt.
Djoković, ursprünglich mit einem dreijährigen Einreiseverbot belegt, erklärte vor zwei Monaten, die neue Regierung habe das Verbot aufgehoben, wodurch eine Reise zu den Australian Open 2023 erst möglich werde.
Wie die Fans in Melbourne ab Montag (Beginn des Hauptbewerbs) auf die Rückkehr des Rekordchampions reagieren werden, bleibt abzuwarten. Die überwiegende Mehrheit der Australier hat Djoković dessen Vorgehen übel genommen. Ob man ihm dieses verziehen hat? Übrigens: Das Impf-Ungemach dürfte für den Serben anderswo in die Verlängerung gehen. Die USA haben ihre Einreisebedingungen (vollständige Impfung) bis 10. April verlängert. Damit dürfte Djoković wie schon 2022 die Turniere in Indian Wells und Miami verpassen.