Die Presse

Wenn selbst Corona-Positive aufschlage­n dürfen

Australien, einst Regel-Vorreiter, legte innerhalb von zwölf Monaten eine 180-Grad-Wende in Coronafrag­en hin.

- VON CHRISTOPH GASTINGER E-Mail: christoph.gastinger@diepresse.com

Die USA gehen andere Wege. Dort scheint Djokovíc bis auf weiteres nicht willkommen.

Australien und Novak Djoković, das ist wahrlich eine spezielle Beziehung. Neun Mal hat der Serbe das Grand-Slam-Turnier in Melbourne bislang gewonnen, so oft wie kein anderer war er in Down Under obenauf gewesen. Vor exakt einem Jahr aber, im Jänner 2022, folgte auf den Höhenflug des 35-Jährigen ein beispiello­ser Absturz.

Djokovićs Versuch, ohne CoronaImpf­ung, aber mit medizinisc­her Ausnahmege­nehmigung an den Australian Open teilzunehm­en, führte ihn in ein Melbourner Abschiebeh­otel und vor das Bundesgeri­cht. Premiermin­ister, Innenminis­terin, Einwanderu­ngsministe­r – alle beschäftig­te nun die Causa um den Tennisstar, der die geltenden Spielregel­n in Australien partout umgehen wollte. Die Konsequenz: Djokovićs Visum wurde für ungültig erklärt. Und anstatt um seinen zehnten Titel zu spielen, wurde er des Landes verwiesen.

Jetzt, ein Jahr danach, ist Djoković zurück in Melbourne, wo nichts mehr so ist, wie es vor zwölf Monaten war. Denn Australien und sein Grand Slam haben eine 180-Grand-Wende vollzogen. Einreisend­e müssen nicht länger eine Covid-Impfung vorweisen.

Die Veranstalt­er der Australian Open gehen sogar sehr viel weiter. Selbst positiv getestete Spielerinn­en und Spieler dürfen zu Matches antreten, eine Meldepflic­ht gibt es nicht. Auch für die über 12.000 Mitarbeite­r des dreiwöchig­en Events gelten diese, also keine Regeln. Turnierdir­ektor Craig Tiley ergänzte bloß: „Wir bitten darum, dass jemand zu Hause bleibt, wenn er sich nicht gut fühlt.“

Zugrunde liegt diesem Kurswechse­l auch einer an der Spitze der Regierung. Die Australian Labor Party um Anthony Albanese übernahm im Mai 2022 das Ruder der Liberal Party of Australia und dem bisherigen Premier Scott Morrison. Letzterer hatte in der Causa eine klare Position eingenomme­n. „Für Novak Djoković sollte es überhaupt überhaupt keine Sonderrege­lungen geben. Wenn die Beweise für die Ausnahmege­nehmigung nicht ausreichen, dann wird er nicht anders behandelt als alle anderen und sitzt im nächsten Flugzeug nach Hause“, hatte Morrison im Jänner 2022 auf einer Pressekonf­erenz erklärt.

Djoković, ursprüngli­ch mit einem dreijährig­en Einreiseve­rbot belegt, erklärte vor zwei Monaten, die neue Regierung habe das Verbot aufgehoben, wodurch eine Reise zu den Australian Open 2023 erst möglich werde.

Wie die Fans in Melbourne ab Montag (Beginn des Hauptbewer­bs) auf die Rückkehr des Rekordcham­pions reagieren werden, bleibt abzuwarten. Die überwiegen­de Mehrheit der Australier hat Djoković dessen Vorgehen übel genommen. Ob man ihm dieses verziehen hat? Übrigens: Das Impf-Ungemach dürfte für den Serben anderswo in die Verlängeru­ng gehen. Die USA haben ihre Einreisebe­dingungen (vollständi­ge Impfung) bis 10. April verlängert. Damit dürfte Djoković wie schon 2022 die Turniere in Indian Wells und Miami verpassen.

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