EZB erwartet stark steigende Löhne
Der Arbeitsmarkt im Euroraum hält sich bislang gut. Langfristig werde sich die schwächere Konjunktur bremsend auf die Löhne auswirken.
Die Europäische Zentralbank (EZB) rechnet für die kommenden Quartale mit einem sehr starken Lohnwachstum im Euroraum. Dies spiegle robuste Arbeitsmärkte wider, die die Abkühlung der Wirtschaft bis jetzt gut verkraftet hätten, teilte die EZB am Montag in einem im Voraus veröffentlichten Artikel aus ihrem Economic Bulletin mit.
Auch höhere Mindestlöhne und ein allgemeiner Aufholprozess der Löhne mit Blick auf die rasant gestiegene Inflation trügen dazu bei. Über die nahe Zukunft hinaus würden allerdings die erwartete Konjunkturabschwächung und entsprechende Unsicherheiten hinsichtlich der wirtschaftlichen Perspektiven einen Abwärtsdruck auf die Löhne ausüben.
Trotz der Rezessionssorgen hält sich der Arbeitsmarkt im Euroraum gut. Die Arbeitslosenquote verharrte nach Angaben der Statistikbehörde Eurostat im November auf dem Vormonatswert von 6,5 Prozent. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte kürzlich im Interview mit der kroatischen Zeitung „Jutarnji list“auf ein kräftiges
Lohnwachstum im Euroraum hingewiesen. „Wir wissen, dass die Löhne steigen, wahrscheinlich schneller als erwartet, aber wir müssen aufpassen, dass sie nicht anfangen, die Inflation anzuheizen“, hatte sie gesagt.
Die rasant gestiegenen Preise zehren kräftig an den Realeinkommen. Die Lohnforderungen der Gewerkschaften waren deshalb zum Teil deutlich gestiegen. Das hatte Befürchtungen genährt, dass die hohe Inflation anhalten könnte, sollte es zu dauerhaft hohen Lohnanpassungen kommen.
Reallöhne gesunken
In dem Artikel wies die EZB allerdings darauf hin, dass die Konjunkturabkühlung wahrscheinlich dafür sorgen werde, dass das Lohnwachstum nicht aus dem Ruder läuft. Zwar seien die Reallöhne inzwischen im Vergleich zur Zeit vor der Coronapandemie erheblich gesunken. Dies könne Gewerkschaften unter Druck setzen, in den kommenden Tarifrunden stärkere Lohnanstiege zu verlangen. Der Kaufkraftverlust sei aber nur ein Faktor, der sich auf die
Lohnforderungen der Gewerkschaften auswirke. „Die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt und die aktuelle Wirtschaftslage dürften ebenfalls eine zentrale Rolle spielen“, heißt es in dem Bericht.
Arbeitslosigkeit niedrig
Die Arbeitslosigkeit in der Eurozone ist historisch niedrig. Im November verharrte die Arbeitslosenquote laut Eurostat auf dem Vormonatswert von 6,5 Prozent. Niedriger war die Quote seit Einführung des Euro noch nie.
Im Jahresvergleich fiel die Arbeitslosigkeit im Währungsraum deutlich. Im November 2021 hatte sie noch 7,1 Prozent betragen. 2021 war die Wirtschaft durch die Coronapandemie belastet worden. Laut Eurostat waren im November 2022 rund 10,85 Millionen Menschen in der Eurozone arbeitslos. Das waren etwa 846.000 weniger als ein Jahr zuvor. Spanien und Griechenland verzeichnen mit 12,4 und 11,4 Prozent nach wie vor die höchste Arbeitslosigkeit im Euroraum. Österreich lag laut Eurostat bei 5,6 Prozent. (APA/Reuters)