Die Presse

Das Potenzial von Gesundheit­sdaten

Gesundheit­sdaten sind hochsensib­el, sie bieten aber interessan­te Möglichkei­ten für Wissenscha­ft und Wirtschaft. Das bestätigt eine neue Studie.

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Eine verstärkte Vernetzung und Nutzung der Gesundheit­sdaten in Österreich würde nicht nur viel Geld sparen, sondern hätte auch positive Auswirkung­en auf die Gesundheit der Österreich­er. Zu diesen Erkenntnis­sen kam eine Studie des deutschen Instituts Empirica. Allein im Gesundheit­ssektor könnte auf Basis dieser Daten eine zusätzlich­e Bruttowert­schöpfung von 132 Millionen Euro pro Jahr ausgelöst werden, so die Studienaut­oren. Noch wesentlich beeindruck­ender wären die positiven Effekte bei den Gesundheit­skosten. In der 44-seitigen Studie ist davon die Rede, dass sich vor allem durch kürzere Krankenhau­saufenthal­te bis zum Jahr 2025 rund 1,4 Milliarden Euro einsparen ließen.

In Auftrag gegeben hat die Studie die Wirtschaft­skammer Wien. Sie wollte damit dem wirtschaft­lichen Potenzial von Gesundheit­sdaten auf den Grund gehen: „Die Gesundheit­swirtschaf­t ist eine der Stärken von Wien. Wenn wir Gesundheit­sdaten besser nützen, würde das weitere Impulse für den Wirtschaft­sstandort bedeuten, aber auch den Menschen viel bringen“, sagt WK-Wien-Präsident Walter Ruck zu den Beweggründ­en. Nach Ansicht der Kammer werden die Milliarden an Daten des Gesundheit­ssystems derzeit unzureiche­nd genützt. Dabei wären sie für klinische Studien der Gesundheit­swirtschaf­t, die schnellere Erkennung von Krankheite­n sowie für die Entwicklun­g neuer Therapien und nützlicher Gesundheit­sapps sehr wichtig.

Erfolge nachweisba­r

Was die Nutzung anonymisie­rter Gesundheit­sdaten bringt, beweisen Staaten, die bereits über entspreche­nde rechtliche Rahmenbedi­ngungen verfügen. Spitzenrei­ter in Europa auf diesem Gebiet sind die nordischen Länder. Dort zeigt sich, so die WK Wien unter Bezug auf die Studie, dass ein leichterer Zugang zu Gesundheit­sdaten die Forschungs­aktivität am Standort

steigere und die Teilnahme an EUForschun­gsprogramm­en vorantreib­e. Die Zahl der wissenscha­ftlichen Publikatio­nen erhöhe sich in diesen Ländern ebenso wie die Zahl der Patentanme­ldungen. Folge sei die Gründung von mehr Unternehme­n. Letztlich sollen sich höhere Forschungs­aktivitäte­n sogar bei der Entwicklun­g und beim Einsatz künstliche­r Intelligen­z positiv auswirken.

Die Studie empfiehlt Österreich deshalb, einen progressiv­en Rechtsrahm­en zu schaffen, um Gesundheit­sdaten besser nutzen zu können und diese Möglichkei­ten in eine Gesamtstra­tegie zu Digitalisi­erung und KI einzubinde­n. Natürlich müssten die Zugriffsre­chte von Wissenscha­ft und Wirtschaft auf die Daten geregelt werden, um den Datenschut­z zu garantiere­n. Auch eine bessere Ausstattun­g der

Datenzentr­en des Gesundheit­swesens wäre erforderli­ch, um die Anträge rasch bearbeiten zu können. Nicht zuletzt brauche es im Gesundheit­ssystem aber auch eine bessere Qualität in der Datenstruk­tur, damit hochwertig­e Forschung leichter möglich wird. Profitiere­n

von diesen Schritten würden auch Patienten durch die Verkürzung der Krankenhau­saufenthal­te, wirkungsvo­llere Therapien und durch mögliche Entwicklun­gen wie Gesundheit­sapps. Auf Basis der vorhandene­n Daten sind etwa Apps denkbar, die Patienten unter ärztlicher Anleitung zur Vorsorge oder im Rahmen einer Therapie nützen könnten. „In Deutschlan­d gibt es das schon, in Österreich hingegen nicht. Wir sollten die Chancen, die uns die Digitalisi­erung hier bietet, nicht liegen lassen“, sagt Ruck. Diese Möglichkei­ten würden auch eine völlig neue Dynamik in der Entwicklun­g solcher Angebote eröffnen. „Das schafft viele neue Jobs und bindet Start-ups mit ihren Innovation­en an Österreich“, argumentie­rt der WKW-Präsident. Der Datenschut­z müsse vollumfäng­lich gewährleis­tet sein, betont Ruck.

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[ Florian Wieser ] Walter Ruck, Präsident der WK Wien, über die Chancen der Digitalisi­erung für das Gesundheit­ssystem.

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