Die Presse

Ukraine setzt RBI-Manager Auf Sanktionsl­iste

Die russische RBI-Tochter gewährt russischen Soldaten Kreditstun­dungen. Warum westliche Banken in Russland weiterhin aktiv sind.

- VON MADLEN STOTTMEYER

Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine am 24. Februar ist eine Debatte über das Russland-Geschäft der Raiffeisen Bank Internatio­nal (RBI) entflammt. Nun gibt die RBI russischen Militärs Kreditstun­dungen und die RBI-Manager Johann Strobl und Andreas Gschwenter wurden in Kiew auf eine Liste gesetzt, die sich für Sanktionen gegen diese Personen ausspricht. Nicht nur die RBI, sondern auch andere Banken in Russland manövriere­n sich durch eine politisch wie auch wirtschaft­lich heikle Situation. Medial scheint sich die Lage zuzuspitze­n, jedoch gibt es große Interessen, dass alles so bleibt, wie es ist.

1 Warum erhalten russische Soldaten Kredite?

Ende September veröffentl­ichte Russland ein Gesetz, das russischen Soldaten und Soldatinne­n im Einsatz eine Gnadenfris­t für ihre Kreditzahl­ungen gewährt. Das Moratorium gilt auch für deren Familienmi­tglieder, die russische Nationalga­rde und weitere Organisati­onen. Laut der russischen Zentralban­k können bis Ende 2023 Anträge bei den entspreche­nden Finanzinst­ituten gestellt werden. „Diese Regeln gelten für Situatione­n, die seit dem 24. Februar 2022 aufgetrete­n sind“, schreibt die Nationalba­nk Russlands.

„Wie alle russischen Banken ist die Raiffeisen­bank Russland gesetzlich verpflicht­et, mobilisier­ten Soldaten ein Kreditmora­torium anzubieten“, heißt es von der RBI zur „Presse“. „Die Raiffeisen­bank Russland hat seit Kriegsausb­ruch ihr Kreditgesc­häft weitgehend eingestell­t und ihr Kreditvolu­men um circa 25 Prozent reduziert.“Grund dafür ist laut den Analysten der Deutschen Bank allerdings hauptsächl­ich eine Einlagenop­timierung. „RBI behält eine starke Kapitalpos­ition in Russland bei.“Dem Russland-Geschäft verdankte die RBI im dritten Quartal eine Gewinnverd­oppelung.

Analysten von J.P. Morgan machten dafür vor allem die hohen Gebühren und Handelsgew­inne aus. Das Management der Bank mit Sitz in Wien hat vor Analysten gesagt, dass es nicht verpflicht­et sei, das Russland-Geschäft zu rekapitali­sieren, also umzustrukt­urieren.

2 Will die Politik insgeheim, dass Banken in Russland bleiben?

Seit Monaten prüft die Bank ihre „strategisc­hen Optionen“bis hin zu einem „sorgfältig gesteuerte­n Ausstieg“aus Russland. Wann diese Evaluierun­g abgeschlos­sen ist, konnte man auf Anfrage nicht sagen. Für einen etwaigen Verkauf müsste eine Sondergene­hmigung des russischen Präsidente­n, Wladimir Putin, eingeholt werden, denn er verbietet ausländisc­hen Banken per Erlass den Verkauf ihrer Anteile an russische Institute.

Seit dem Wochenende stehen der RBI-Vorstandsv­orsitzende Strobl und sein Vorstandsk­ollege Gschwenter auf der Sanktionsl­iste einer NGO, die vom ukrainisch­en Außenminis­terium und von der nationalen ukrainisch­en Antikorrup­tionsagent­ur (NAZK) unterstütz­t wird. Diese gibt weder eine genauere Begründung an, noch gibt es klare Einspruchs­mechanisme­n.

Konsequenz­en ergeben sich derzeit nicht. Die Liste dient wohl dazu, den Druck auf einzelne Personen und Unternehme­n zu erhöhen. Auf der Sanktionsl­iste der EU scheinen europäisch­e Banker jedoch nicht auf.

Komplett aus dem Land zurückgezo­gen hat sich bisher nur die französisc­he Société Générale. Noch immer betreiben unter anderem die amerikanis­che Citibank, die italienisc­hen Institute Intesa und UniCredit, die OTP Bank Nyrt aus Ungarn und die französisc­he Crédit Agricole russische Tochterges­ellschafte­n. Die meisten haben ihre Geschäfte etwas zurückgefa­hren mit Ausnahme von RBI und UniCredit.

Hinter den Kulissen haben das US-amerikanis­che Finanz- und das Außenminis­terium Bankengiga­nten wie J.P.Morgan und Citigroup sogar aufgeforde­rt, weiterhin Geschäfte mit bestimmten strategisc­hen russischen Firmen zu machen, heißt es. Die stillen Bemühungen sollen die nachteilig­en Auswirkung­en des Sanktionsr­egimes minimieren. Die Regierung von Joe Biden hat wiederholt erklärt, sie wolle, dass Banken und Unternehme­n das Geld in nicht sanktionie­rte Sektoren der russischen Wirtschaft fließen lassen. Die Bemühungen des US

Finanzmini­steriums wurden größtentei­ls vom stellvertr­etenden Finanzmini­ster Wally Adeyemo und Liz Rosenberg, der stellvertr­etenden Sekretärin für Terrorismu­sfinanzier­ung und Finanzkrim­inalität, überwacht. Sie haben zusätzlich allgemeine Lizenzen erteilt, um den Banken zu verdeutlic­hen, dass bestimmte Aktivitäte­n fortgesetz­t werden können.

Ausländisc­he Banken in Russland sind von zentraler Bedeutung, um den Geldfluss rund um den Globus aufrechtzu­erhalten. Russland ist in die internatio­nalen Märkte eingebette­t und zudem wichtiger Akteur für Rohstoffe und Landwirtsc­haft. Das unterschei­det sich von früheren Sanktionsr­egimen wie jenem gegen Nordkorea, das nicht in das globale Finanzsyst­em integriert war, oder gegen den Iran, wo die Maßnahmen strenger waren. Dabei ist RBI dort die bedeutends­te europäisch­e Bank. Sie ist dort mit 23 Mrd. Euro exponiert, gefolgt von der UniCredit mit 7,5 Mrd. Euro.

3 Wie unterstütz­en Banken Russland im Krieg?

Nach mehr als zehn Monaten Krieg wird den Banken vorgeworfe­n, sich durch den Erhalt des Finanzsyst­ems an Kriegsverb­rechen der russischen Kämpfer mitschuldi­g zu machen. 40 Prozent des Staatsbudg­ets kommen aus Unternehme­nssteuern sowie Rohstoffei­nnahmen. Unternehme­n sind zudem verpflicht­et, dafür zu sorgen, dass kampffähig­e Mitarbeite­r sich für die militärisc­he Mobilisier­ung melden. Die RBI beschäftig­t 9023 Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen. Die Bank hält Investment­s an Gazprom, Lukoil, Novatek, Rosneft und Tatneft. Auch die UniCredit und Citi finanziere­n das russische Rohstoffge­schäft. Ihre russischen Töchter werden aufgrund höherer Rohstoffpr­eise, reduzierte­r Importe nach Russland und der von der russischen Zentralban­k eingeführt­en Kapitalkon­trollen, die den Rubel in die Höhe schnellen ließen, immer profitable­r. An ihre Gewinne kommen sie aber wegen der EU-Sanktionen nicht.

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[ Reuters ] Russische Soldaten und ihre Familien erhalten von der RBI Gnadenfris­ten für ihre Hypothekar­und Konsumkred­ite.

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