Packt doch den Goldesel ein und den Reformwillen aus
Wir wünschen uns eine Regierungsklausur, die sich endlich den Reformgroßbaustellen widmet. Statt nur über noch mehr Geldverteilung zu reden.
Ob Corona, Inflation oder Energie: Kein anderes europäisches Land wirft zurzeit so mit Hilfen für Unternehmen und Private um sich wie Österreich. Und zwar ziemlich wahllos. Erst zahlen, dann kann man immer noch nachsehen, ob das auch Sinn hat und die Richtigen trifft, lautet offenbar die Devise.
Diese Art, Probleme mit ungeheuren Summen an geborgtem Geld einfach zuzuschütten, sorgt zwar kurzfristig für gute Stimmung und verhindert Wachstumseinbrüche, verstärkt die Probleme mittelfristig aber enorm. Immerhin riskiert man damit ja eine bedeutende Verschlechterung der Strukturen.
Überzogene Energiehilfen beispielsweise bremsen die Energiewende, indem sie den Umstieg unattraktiv machen. Das Mitschleppen von Unternehmen, die unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen die Insolvenzstatistik beleben würden, sorgt wiederum für Strukturversteinerung und schleichende Verringerung der Wettbewerbsfähigkeit. Man kann sich das sehr schön in der seit Jahrzehnten völlig überförderten Landwirtschaft anschauen.
Eine Zeit lang kann man das natürlich machen. Es entspricht in etwa dem keynesianischen Gräbenaufgraben und -wiederzuschütten auf Staatskosten, mit dem drohende Wirtschaftseinbrüche „geglättet“werden können. Aber eben nur für eine begrenzte Zeit. Denn Wachstum auf Schulden erzeugt nur eine Scheinkonjunktur, die umso schlimmer zusammenbricht, je näher der unvermeidliche Zahltag kommt.
Geldverteilen allein ist eben noch keine Wirtschaftspolitik. Das lässt sich live am Gesundheitssystem demonstrieren, das gerade vor unser aller Augen den Bach hinuntergeht: überforderte Spitäler, Ärztemangel besonders im Bereich der Mediziner mit Kassenverträgen, elend lange Wartezeiten auf Behandlungen und Operationen, Jungmediziner, die vor den hiesigen Bedingungen nach der Ausbildung in Scharen ins Ausland „flüchten“– und jetzt auch noch Medikamentenmangel. Dieses Gesundheitssystem war einmal international spitze, wenn auch kostspielig. Jetzt ist es nur noch teuer. Wir haben es hier mit einem Phänomen zu tun, das wir etwa vom Bildungssystem her schon kennen: Immer höhere Ausgaben mit immer mittelmäßigeren Resultaten. Das sieht nach gewaltiger Fehlallokation von Mitteln aus, die dann anderswo fehlen.
Wenn wir zum Kern der Malaise vordringen, finden wir immer die gleichen Muster: Zersplitterung der Kompetenzen, Auseinanderklaffen der Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung durch abschreckend falsch verstandenen Föderalismus, in dem auch noch die Sozialpartner mitmischen. Intransparente Finanzierungsströme, ausufernde Bürokratie, verneunfacht durch den Faktor Föderalismus, sündteure Parallelstrukturen, die niemand mehr durchblickt, geschweige denn unter Kontrolle hat.
Das sehen wir im Gesundheitssystem, im Bildungsbereich, im eingangs angesprochenen Förderwesen, überall dort, wo die öffentliche Hand ihre Finger im Spiel hat. Kurzum: auf allen Reformgroßbaustellen, die dieses Land seit Jahrzehnten vor sich herschiebt.
Mit noch mehr Geld erreicht man hier gar nichts. Außer noch höhere Staatsschulden und Steuerlasten. Hier müsste die Regierung statt des Goldesels endlich einmal Reformwillen auspacken. Vom Grunde her, nämlich durch eine völlige Neuordnung und Bereinigung der Kompetenzen innerhalb dieses komplizierten Staatsgebildes.
Neu erfinden müssen wir da gar nichts: Seit dem vor 17 (!) Jahren zu Ende gegangenen Staatskonvent liegt ein erstklassiges Konzept für eine diesbezügliche Verfassungsreform vor. Es müsste nur ein bisschen adaptiert werden. Das wäre einmal eine Aufgabe für eine Regierungsklausur. Nicht nur die Diskussion um ein paar Minireförmchen zwecks Wählerstimmenmaximierung, wie das derzeit so üblich ist. Das würde die Republik voranbringen, ist aber natürlich mühsam und nicht immer populär. Na gut, dann halt vielleicht beim nächsten Mal . . .