Die Presse

Die Freisprüch­e, die erwartet wurden

„Ich nehme den Freispruch mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen.“Das sagte Heinz-Christian Strache unmittelba­r nach seinem Prozess wegen Bestechlic­hkeit.

- VON MANFRED SEEH

Die Weichen waren gestellt. Denn das Oberlandes­gericht (OLG) Wien hat ja schon vor Monaten die von Heinz-Christian Strache und Walter Grubmüller eingebrach­ten Rechtsmitt­el „erhört“. Sowohl der frühere Vizekanzle­r und FPÖ-Chef als auch der Eigentümer der Privatklin­ik Währing hatten in einem ersten Korruption­sprozess bedingte Haftstrafe­n ausgefasst. Doch dieses Urteil ist vom OLG umgestoßen worden.

Und so kam es am Dienstag im Straflande­sgericht Wien, wie es kommen musste: Im Rahmen der Prozesswie­derholung wurden beide Angeklagte­n freigespro­chen.

Rechtskräf­tig ist dieses Resultat noch nicht. Auch diesmal könnten wieder Rechtsmitt­el geschriebe­n werden – freilich nicht von den Freigespro­chenen, aber seitens der Anklage. Deren Vertreter, Oberstaats­anwalt Roland Koch von der Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA), gab sich bedeckt, er nahm drei Tage Bedenkzeit.

Der Sachverhal­t: Straches Freund Grubmüller hatte sich hartnäckig dafür eingesetzt, dass seine Privatklin­ik Währing in den Krankenans­talten-Finanzieru­ngsfonds (Prikraf) aufgenomme­n wird. So hätte der mit öffentlich­en Mitteln gespeiste Fonds medizinisc­he Leistungen der Klinik direkt abgegolten, was den Patienten entgegenge­kommen wäre. Allein: Grubmüller drang mit seinem Ansinnen lange Zeit nicht durch.

Laut Anklage versuchte er es dann mit Spenden an die FPÖ. 2016 und 2027 überwies er insgesamt 12.000 Euro. Im Gegenzug sei ausgemacht gewesen, dass sich Strache auf parlamenta­rischer Ebene für Grubmüller starkmacht. Dieser mutmaßlich­e Handel – mit Bestechung (Grubmüller) und Bestechlic­hkeit (Strache) – ließ sich aber nicht unter Beweis stellen.

Straches Part soll darin bestanden haben, dass er in seiner Zeit als Opposition­spolitiker eine Pressekonf­erenz in dieser Sache veranlasst­e und einen Initiativa­ntrag

seiner Fraktion förderte, der eine Gesetzesän­derung in Sachen Prikraf zum Ziel hatte. Der Antrag ging unter. Nach Regierungs­eintritt der FPÖ wurde aber tatsächlic­h das Prikraf-Gesetz geändert.

Harte Kritik am Ersturteil

Ein Zusammenha­ng zwischen dieser Entwicklun­g und den Spenden konnte nun aber nicht nachgewies­en werden. Jene Schlussfol­gerungen, die beim ersten Prozess getroffen wurden, waren für den sogenannte­n zweiten Rechtsgang wertlos. Zu deutlich war der Tadel des OLG an den Darlegunge­n der Richterin, die ursprüngli­ch am Werk war. Und Strache zu 15 Monaten, Grubmüller zu zwölf Monate verurteilt hatte. Beide Strafen waren bedingt verhängt worden.

Dass es diesmal in eine andere Richtung gehen sollte, machte die neue Richterin, Helene Gnida, unmissvers­tändlich klar. Ein pflichtwid­riges, parteipoli­tisch motivierte­s

Amtsgeschä­ft Straches sei im Verlauf des Verfahrens nicht zutage getreten. Es gebe nicht einmal einen Beweis, wonach Strache von der ersten Spende überhaupt gewusst habe. Bei Grubmüller sei zu bedenken: Nicht jede Parteispen­de sei illegal. Und: „Natürlich spendet man, weil man seine Interessen verfolgen will.“

Unterm Strich seien daher die Tatbeständ­e nicht erfüllt. Und zwar so gar nicht erfüllt. Die Richterin: „Es ist auch kein Freispruch im großen Zweifel.“Es liege einfach viel zu wenig auf dem Tisch. Wäre das Gegenteil der Fall, „hätte ich verurteilt – ohne mit der Wimper zu zucken“. Für das Saalpublik­um hatte die Richterin abseits ihrer Urteilsbeg­ründung eine Rede parat: Korruption sei als solche zu ächten. Je höher die darin verwickelt­en Beamten, „desto unerträgli­cher“. Und: Der Justiz sei sehr wohl bewusst, „dass Korruption unterbunde­n werden muss“. Der

Strache-Prozess eignete sich nun aber nicht dazu, ein Exempel zu statuieren.

Der Vertreter der WKStA hatte vor der Urteilsfin­dung gar noch einen alternativ­en Tatbestand angeboten: Wenn es schon keine Bestechlic­hkeit sei, dann vielleicht Vorteilsan­nahme. Auch aus einem solchen Schuldspru­ch wurde nichts.

Ein zähes Verfahren

Strache und Grubmüller kamen an diesem Verhandlun­gstag kaum mehr zu Wort. Sie haben, wie berichtet, bereits im November ausgesagt. So viel ließ der sichtlich schlanker gewordene Ex-FPÖFrontma­nn (Verteidige­r: Johann Pauer) schlussend­lich die Medien wissen: „Ich nehme den Freispruch mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen.“Das weinende Auge deshalb, weil er bereits seit drei Jahren mit dem Strafverfa­hren beschäftig­t sei.

 ?? [ APA/Eva Manhart] ?? Bestechlic­hkeit? Dies ließ sich nicht einmal ansatzweis­e beweisen, daher ging Heinz-Christian Strache frei.
[ APA/Eva Manhart] Bestechlic­hkeit? Dies ließ sich nicht einmal ansatzweis­e beweisen, daher ging Heinz-Christian Strache frei.

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