Die Presse

Strache vs. Anklagebeh­örde: Außer Spesen nichts gewesen?

Der frühere Vizekanzle­r wird mit Ermittlung­en, Prozessen und hohen Anwaltskos­ten konfrontie­rt – verbucht aber auch Erfolge.

- VON HELLIN JANKOWSKI UND MANFRED SEEH

Es war im Mai 2019, als das „Ibiza“-Video die politische Karriere von Heinz-Christian Strache zu Fall brachte. So folgten auf die darin vertonten Gedanken über den Umbau von Republik und Medienwelt sowie über verdeckte Parteispen­den („Es gibt ein paar sehr Vermögende, die zahlen aber nicht an die Partei, sondern an einen gemeinnütz­igen Verein“) Straches Rücktritt als Vizekanzle­r und FPÖChef und das Ende der türkis-blauen Bundesregi­erung.

Was blieb: ein schwer ramponiert­er Ruf, Ermittlung­en, Anklagen und Prozesse. „Ich werde weiterhin mit allen juristisch­en und demokratis­ch möglichen Mitteln meine Unschuld beweisen, für Recht und Gerechtigk­eit kämpfen“, zeigte sich Strache dessen ungeachtet im November 2021 via Facebook kämpferisc­h. Und gab unumwunden seine Kontodaten preis, um Spenden zu erbitten, um die hohen Anwaltskos­ten stemmen zu können. Dieser Schritt trug ihm Häme ein, doch im Infight mit der in den meisten Fällen federführe­nden Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) liegt Strache mittlerwei­le nach Punkten weit vorn.

So stellten sich einige Sachverhal­te als nicht strafbar heraus, etwa weil Strache 2017, als er einer vermeintli­chen Oligarchen­nichte auf Ibiza Versprechu­ngen machte, kein Regierungs­amt innehatte. Weiters erhärtete sich der Verdacht nicht, er habe via Vereine – am Rechnungsh­of vorbei – verdeckte Spenden an die FPÖ organisier­t. Gleiches gilt für die Anschuldig­ung, wonach es vor der EU-Wahl Versuche

gab, die Listenerst­ellung der FPÖ zweckdienl­ich zu gestalten: Die Ex-FPÖ-Abgeordnet­e Barbara Kappel zog den Vorwurf zurück, eine von ihr übernommen­e Spende sei für Strache bestimmt gewesen.

Einstellun­gen und Freisprüch­e

Zuvor waren Fotos von Geldbündel­n in einer Sporttasch­e kursiert, die angeblich in Straches Dienstwage­n lag. Der Verdacht: Ukrainisch­e Geschäftsp­artner von Thomas Schellenba­cher hätten über Umwege an die FPÖ Wien gespendet, damit Ersterer ein blaues Nationalra­tsmandat erhält. Die Ermittlung­en wurden eingestell­t.

Wenige Wochen später der nächste Etappensie­g: Der Ermittlung­sstrang rund um den Pokercasin­o-Betreiber Peter Zanoni wurde eingestell­t. Die WKStA hatte geprüft, ob Strache sich für eine Gesetzesän­derung

zugunsten des Unternehme­rs eingesetzt hatte und im Gegenzug auf einen Urlaub eingeladen worden war – konnte das aber nicht belegen.

Sehr wohl in eine Anklage gegossen wurde der Vorwurf, Strache habe dem Immobilien­unternehme­r Siegfried Stieglitz im Gegenzug für Spenden an einen FPÖ-nahen Verein einen Asfinag-Aufsichtsr­atsposten verschafft. Im Juli gingen beide erstinstan­zlich frei.

Kurz darauf setzte es weitere Teilfreisp­rüche: Strache wurde vorgeworfe­n, er habe sich für die Privatklin­ik Währing eingesetzt; er sei von deren Eigentümer Walter Grubmüller im Gegenzug mit Spenden an die FPÖ und einer Einladung nach Korfu bedacht worden. Und ihm sei eine Spende für den EU-Wahlkampf 2019 in Aussicht gestellt worden. In letzteren

Punkten erhielt Strache bereits im Vorjahr einen Freispruch, zu Ersterem wurde Strache am Dienstag freigespro­chen (siehe oben).

Casinos- und Spesenaffä­re

Ausgestand­en ist das „Duell“Strache vs. Anklagebeh­örde aber nicht: Noch im Laufen sind die Ermittlung­en in der Casinos-Affäre um Peter Sidlo. Ermittler vermuten, dass es einen politische­n Deal zwischen der FPÖ und dem Glücksspie­lkonzern Novomatic gegeben hat, damit Sidlo Casinos-AustriaFin­anzvorstan­d wurde.

Ebenfalls nicht ausgestand­en ist die Spesenaffä­re: Noch immer prüft die Staatsanwa­ltschaft Wien den Vorwurf, Strache habe als Bundespart­eichef der Partei (mittels von Mitarbeite­rn gesammelte­n Belegen) private Ausgaben in Rechnung gestellt.

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