Die Presse

Welche Folgen Klima-Aktivisten fürchten müssen

Wer Reifen aufsticht oder Verkehrsbl­ockaden an für Einsatzfah­rzeuge ganz zentralen Stellen errichtet, ist bereits strafbar.

- VON PHILIPP AICHINGER

Während es in Wien zu weiteren Straßenblo­ckaden kam, erneuerte Niederöste­rreichs Landeshaup­tfrau, Johanna Mikl-Leitner, ihre Forderung nach härteren Strafen. Sie beauftragt­e am Dienstag den Verfassung­sdienst ihres Landes mit der Ausarbeitu­ng eines Gesetzesvo­rschlages.

Bereits zuvor hatte die im Wahlkampf stehende ÖVP-Politikeri­n angeregt, für den Umgang mit Straßenblo­ckierern eine Anleihe am deutschen Strafrecht zu nehmen. Denn in Österreich werde man erst gerichtlic­h belangt, „wenn bereits etwas passiert ist“, meinte sie.

Eine Regelung wie die deutsche schaffe hingegen eine „klare Handhabe der Gemeinscha­ft gegen Sabotage-Aktionen wie die Reifenstec­herei, die zu lebensgefä­hrlichen Situatione­n führen kann“, sagte die Landeshaup­tfrau. Was ist dran an dieser Aussage? Welche Folgen haben Klima-Aktivisten bei ihren Aktionen zu fürchten und welche nicht?

Zerstören von Autoreifen

Wenn Aktivisten in Autoreifen stechen, sind sie schon dafür wegen Sachbeschä­digung (Freiheitss­trafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätze) zu belangen. Das bloße Luftauslas­sen aus dem Reifen stellt bei einem Auto grundsätzl­ich noch keine Sachbeschä­digung dar. Aber laut der Judikatur sehr wohl dann, wenn es sich um ein Einsatzfah­rzeug handelt, das auf diese Weise lahmgelegt wird.

Muss der Aktivist damit rechnen, dass das von ihm heimgesuch­te Auto in Betrieb genommen wird und wegen der fehlenden Luft oder des zerstörten Reifens eine Gefahr für Verkehrste­ilnehmer entsteht, kann ein anderes Delikt vorliegen. Nämlich jenes der Gefährdung der körperlich­en Sicherheit. Darauf steht eine Freiheitss­trafe von bis zu drei Monaten oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätze­n.

Nimmt tatsächlic­h eine Person Schaden (etwa, weil das Auto wegen der nicht funktionsf­ähigen Reifen schlecht bremst), droht Aktivisten sogar eine Verurteilu­ng wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung oder fahrlässig­er Tötung. Bei Letzterer beträgt der Strafrahme­n bis zu einem Jahr Haft oder aber eine Geldstrafe bis zu 720 Tagessätze­n.

Straßenblo­ckade

Machen Aktivisten eine Straßenblo­ckade, droht ihnen nur eine Verwaltung­sstrafe. Im Gegensatz zu Deutschlan­d liegt laut Österreich­s Gerichten durch Blockaden allein keine gerichtlic­h strafbare Nötigung vor. Strafrecht­lich relevant wird es erst, wenn vorhersehb­ar ist, dass Einsatzkrä­ften der Weg blockiert wird. Etwa, weil man sich direkt vor einer Feuerwehra­usfahrt oder vor der einzigen Ortszufahr­t für Rettungen festklebt. Dann kommen Delikte wie Gefährdung der öffentlich­en Sicherheit (Patient kommt später ins Spital, aber es geht gerade noch alles gut) bzw. fahrlässig­e Körperverl­etzung oder Tötung (wenn tatsächlic­h jemand geschädigt wird) in Betracht.

Vorbild Deutschlan­d?

Mikl-Leitner wünscht sich einen Paragrafen wie in Deutschlan­d. Dort ist strafbar, wer die Sicherheit des Straßenver­kehrs dadurch beeinträch­tigt, dass er Fahrzeuge beschädigt oder Hinderniss­e setzt und so Leib oder Leben eines Menschen oder fremde Sachen von bedeutende­m Wert gefährdet. Die Strafbarke­it bei der Gefährdung von Menschen ist durch das österreich­ische Strafrecht schon abgedeckt. Allerdings drohen nach deutschem Recht bei Verstoß gegen diesen Paragrafen bis zu fünf Jahre oder eine Geldstrafe, also eine höhere Buße.

Das Strafrecht ist freilich Bundessach­e. Mikl-Leitner will den Vorschlag des Landesverf­assungsdie­nsts daher an das Justizmini­sterium weiterleit­en.

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