Welche Folgen Klima-Aktivisten fürchten müssen
Wer Reifen aufsticht oder Verkehrsblockaden an für Einsatzfahrzeuge ganz zentralen Stellen errichtet, ist bereits strafbar.
Während es in Wien zu weiteren Straßenblockaden kam, erneuerte Niederösterreichs Landeshauptfrau, Johanna Mikl-Leitner, ihre Forderung nach härteren Strafen. Sie beauftragte am Dienstag den Verfassungsdienst ihres Landes mit der Ausarbeitung eines Gesetzesvorschlages.
Bereits zuvor hatte die im Wahlkampf stehende ÖVP-Politikerin angeregt, für den Umgang mit Straßenblockierern eine Anleihe am deutschen Strafrecht zu nehmen. Denn in Österreich werde man erst gerichtlich belangt, „wenn bereits etwas passiert ist“, meinte sie.
Eine Regelung wie die deutsche schaffe hingegen eine „klare Handhabe der Gemeinschaft gegen Sabotage-Aktionen wie die Reifenstecherei, die zu lebensgefährlichen Situationen führen kann“, sagte die Landeshauptfrau. Was ist dran an dieser Aussage? Welche Folgen haben Klima-Aktivisten bei ihren Aktionen zu fürchten und welche nicht?
Zerstören von Autoreifen
Wenn Aktivisten in Autoreifen stechen, sind sie schon dafür wegen Sachbeschädigung (Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätze) zu belangen. Das bloße Luftauslassen aus dem Reifen stellt bei einem Auto grundsätzlich noch keine Sachbeschädigung dar. Aber laut der Judikatur sehr wohl dann, wenn es sich um ein Einsatzfahrzeug handelt, das auf diese Weise lahmgelegt wird.
Muss der Aktivist damit rechnen, dass das von ihm heimgesuchte Auto in Betrieb genommen wird und wegen der fehlenden Luft oder des zerstörten Reifens eine Gefahr für Verkehrsteilnehmer entsteht, kann ein anderes Delikt vorliegen. Nämlich jenes der Gefährdung der körperlichen Sicherheit. Darauf steht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Monaten oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen.
Nimmt tatsächlich eine Person Schaden (etwa, weil das Auto wegen der nicht funktionsfähigen Reifen schlecht bremst), droht Aktivisten sogar eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung. Bei Letzterer beträgt der Strafrahmen bis zu einem Jahr Haft oder aber eine Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen.
Straßenblockade
Machen Aktivisten eine Straßenblockade, droht ihnen nur eine Verwaltungsstrafe. Im Gegensatz zu Deutschland liegt laut Österreichs Gerichten durch Blockaden allein keine gerichtlich strafbare Nötigung vor. Strafrechtlich relevant wird es erst, wenn vorhersehbar ist, dass Einsatzkräften der Weg blockiert wird. Etwa, weil man sich direkt vor einer Feuerwehrausfahrt oder vor der einzigen Ortszufahrt für Rettungen festklebt. Dann kommen Delikte wie Gefährdung der öffentlichen Sicherheit (Patient kommt später ins Spital, aber es geht gerade noch alles gut) bzw. fahrlässige Körperverletzung oder Tötung (wenn tatsächlich jemand geschädigt wird) in Betracht.
Vorbild Deutschland?
Mikl-Leitner wünscht sich einen Paragrafen wie in Deutschland. Dort ist strafbar, wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, dass er Fahrzeuge beschädigt oder Hindernisse setzt und so Leib oder Leben eines Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet. Die Strafbarkeit bei der Gefährdung von Menschen ist durch das österreichische Strafrecht schon abgedeckt. Allerdings drohen nach deutschem Recht bei Verstoß gegen diesen Paragrafen bis zu fünf Jahre oder eine Geldstrafe, also eine höhere Buße.
Das Strafrecht ist freilich Bundessache. Mikl-Leitner will den Vorschlag des Landesverfassungsdiensts daher an das Justizministerium weiterleiten.