Ein Öko-Boom, der auch enttäuscht
Firmen lassen Millionen an Förderungen für Wind- und Solarkraft liegen. Private kommen dafür oft nicht zum Zug. Trotz aller Rekorde muss der Bund bei der Energiewende nachjustieren.
Wer nur die nackten Zahlen sieht, muss eigentlich zufrieden sein: Im Vorjahr wurden in Österreich so viele neue Solarkraftwerke errichtet wie in den zehn Jahren zuvor. In Summe sind Anlagen mit 1300 Megawatt maximaler Leistung (MWpeak) hinzugekommen. Auch 115 neue Windkraftanlagen mit 457 MW Leistung sind ein historischer Spitzenwert. Doch der unbestrittene Boom bei den Erneuerbaren hätte noch viel kräftiger ausfallen können. Denn eines ging in den vielen Jubelmeldungen zum Jahreswechsel unter: Es waren 2022 – gerade bei der Solarkraft – vor allem private Haus- und Wohnungsbesitzer sowie kleinere Unternehmen, die den Ausbau getragen haben. Sie fühlen sich in ihrem Tatendrang sogar gebremst (Stichwort: Förderlotterie). Einige Großversorger waren beim Ausbau hingegen deutlich zurückhaltender als ursprünglich angekündigt.
Gut ablesen lässt sich das an den Ergebnissen der ersten bundesweiten Ausschreibung für die Förderung von Wind– und Solarprojekten. Zur Erinnerung: Bisher wurden Ökostromkraftwerke über fixe Einspeisetarife vom Stromkunden alimentiert. Unter dem neuen Förderregime des EAG wird ein beträchtlicher Teil der Subventionen hingegen versteigert. Jene Unternehmen, die Wind- und Solarkraft am billigsten ausbauen, kommen zum Zug. Das Ministerium legt nur noch eine Obergrenze für die Förderungen fest.
Wenige Bieter bei Versteigerung
Die Resultate der ersten Versteigerungen von Fördermitteln im Land sind ernüchternd: 700 MWpeak waren ausgeschrieben, letztlich holten sich die Unternehmen aber nur für knapp 400 MWpeak das Steuergeld ab. Beim Wind gab es überhaupt nur Interessenten für ein Viertel der ausgeschriebenen 190 Megawatt. Und das in einer Phase, in der man dank hoher Strompreise mit Ökostromkraftwerken selbst ohne Förderung nur Gewinne einfahren kann.
Was ist da nur schiefgegangen? Oder ist überhaupt etwas schiefgegangen? Waren die Obergrenzen angesichts des unsicheren Ausblicks auf dem Energiemarkt zu niedrig angesetzt, wie manche Unternehmen nun argumentieren? Oder gab es schlichtweg nicht genug Projekte, um das gesamte verfügbare Steuergeld abzugreifen?
Zumindest bei der Windkraft dürften die Zahlen aus der Ausschreibung die Lage auf dem Markt nur verzerrt wiedergeben. So konnte sich die Branche 2022 zusätzlich noch beträchtliche Mittel über das „alte“System der Einspeisetarife sichern. Damit konnten fast alle der knapp 200 heimischen Projekte, bei denen die UVP bereits abgeschlossen ist, auch umgesetzt werden, schätzen Insider.
In Summe liege Österreich beim Ausbau von Wind- und Solarkraft auf oder über den Zielen des EAG, betont man im Klimaschutzministerium. Dass bei der Ausschreibung nicht alle Förderungen vergeben werden konnten, liege auch an der längeren Vorlaufzeit solcher Großprojekte. Sie brauchten mehr als nur Geld, „von den notwendigen Flächen bis zu den entsprechenden Genehmigungsverfahren“. Und hier hapert es sowohl bei den Ländern als auch beim Bund immer noch.
Bei der Fotovoltaik waren es daher vor allem die Privaten, die 2022 die Energiekrise genutzt haben, um sich so viele Solaranlagen wie noch nie auf den Dächern installieren zu lassen. Sie brauchen keine langwierige UVP, dafür einen langen Atem – oder viel Glück.
Wird es leichter für Private?
Vier Mal im Jahr wird die Investitionsförderung für Kleinanlagen vergeben, vier Mal ist das Rekordkontingent in kürzester Zeit ausgeschöpft. Wer nicht schnell genug am Laptop ist, geht leer aus. Ein Ende des „Glücksspiels“, wie es etwa der niederösterreichische Landesrat Stephan Pernkopf wiederholt gefordert hat, wird es nicht geben. Die schwarz-grüne Regierung hält am bisherigen System fest, will dafür aber einen Teil der Fördermittel für Interessenten beiseitelegen, die es bei den früheren Runden erfolglos probiert haben, heißt es auf Anfrage.
Aus dem Weg geräumt sind die Bremsklötze des potenziellen Erneuerbaren-Booms bei den Privaten damit nicht. Denn selbst wer die Förderzusage hat, muss noch einen Termin bei den überlasteten Handwerkern finden und einen Netzbetreiber haben, der ihm nicht aus Sorge um das schwache Netz den Anschluss verweigert.