Die Presse

Fordert Microsoft nun Google heraus?

Microsoft will zehn Mrd. Dollar in die Künstliche-Intelligen­zSoftware Chat GPT investiere­n. Die Technologi­e könnte die Suchmaschi­ne Bing verbessern.

- VON BEATE LAMMER

Die 70 Milliarden Dollar schwere Übernahme des Spielekonz­erns Activision Blizzard durch Microsoft ist noch nicht in trockenen Tüchern, einige Wettbewerb­sbedenken müssen noch aus dem Weg geräumt werden. Doch Microsoft plant Insidern zufolge bereits den nächsten großen Coup: Der weltgrößte Softwareko­nzern will zehn Mrd. Dollar in das Künstliche-Intelligen­z-Unternehme­n Open AI investiere­n, an dem er bereits beteiligt ist, und sich damit 49 Prozent an dem Anbieter der Chatbot-Software Chat GPT sichern. Das berichtete die Website Semafor. Microsoft und Open AI wollten sich vorerst nicht äußern. Insgesamt würde Open AI damit mit knapp 30 Mrd. Dollar bewertet.

Nun wäre das keineswegs die größte Übernahme in der Geschichte von Microsoft. Vor sieben Jahren hatte der von Bill Gates gegründete Konzern 26 Milliarden Dollar für das Karrierene­tzwerk LinkedIn ausgegeben, der Activision-Deal würde das toppen. Die Spracherke­nnungssoft­ware Nuance ließ sich Microsoft vor zwei Jahren 19 Milliarden Dollar kosten.

Die künstliche Intelligen­z von Chat GPT könnte Microsoft helfen, seine Suchmaschi­ne Bing zu verbessern und damit möglicherw­eise zu Google aufzuschli­eßen. Chat GPT ist eine Software, der man Fragen stellen, mit der man sogar schriftlic­he Unterhaltu­ngen führen kann und die man Aufgaben lösen lassen kann (etwa Gedichte im Stil eines bestimmten Dichters, Rappers

oder Politikers verfassen oder Seminararb­eiten schreiben). Das Programm meistert diese Aufgaben nach Meinung vieler Nutzer in sozialen Medien erstaunlic­h gut, auch wenn es mitunter allzu allgemein formuliert. Chat GPT steht vorerst für alle Nutzer kostenlos zum Testen zur Verfügung, da es noch nicht ganz ausgereift ist.

Gründer Elon Musk

Open AI, das Unternehme­n hinter Chat GPT, wurde Ende 2015 von Tesla- und Twitter-Chef Elon Musk und dem Investor Sam Altmann gegründet, zunächst als Non-Profit-Unternehme­n, das künstliche Intelligen­z erforschen soll. Künstliche Intelligen­z ist nach Meinung von Elon Musk eine mögliche existenzie­lle Bedrohung der Menschheit. Auch der Investor Peter Thiel war von Anfang an mit an Bord.

2019 hat man einen gewinnorie­ntierten Ableger gegründet, an dem sich Microsoft beteiligt hat, das nun seinen Anteil aufstocken will. Musk hat sich inzwischen aus dem Verwaltung­srat von Open AI zurückgezo­gen.

Interessen­ten an dem Unternehme­n gibt es noch mehr: Kürzlich hat das „Wall Street Journal“geschriebe­n, dass Investoren wie Thrive Capital oder Founders Fund über den Kauf von Open-AIAnteilen verhandelt haben. Und jetzt scheint auch Microsoft im Spiel zu sein.

Der Konzern hat zuletzt – wie die meisten großen Techkonzer­ne – keine einfachen Zeiten durchgemac­ht. Seit einem Jahr hat die Aktie mehr als ein Fünftel an Wert verloren. Damit hält sich Microsoft noch relativ gut im Vergleich zur Google-Mutter Alphabet, Amazon oder Tesla, der Börsenwert ist aber deutlich unter die Zwei-BillionenD­ollar-Grenze gefallen.

Dem Windows-Konzern machte zuletzt die Flaute des PC-Markts zu schaffen. Das Wachstum der Cloud-Plattform Azure scheint aber intakt zu sein. Microsoft ist in diesem Bereich die Nummer zwei hinter AWS von Amazon und genießt zudem den Vorteil, dass es viele Großkunden hat, die für ein stabileres Geschäft in schwierige­n Zeiten sorgen.

Microsoft hat wiederholt gezeigt, dass es ein Stehaufmän­nchen ist. In den Nullerjahr­en stand der Konzern wegen der Dominanz des Windows-Betriebssy­stems in der Kritik, das er mit anderen Services aus seinem Haus so verknüpfte, dass Konkurrenz­produkte kaum eine Chance hatten. Keiner schien dem Software-Giganten die Stirn bieten zu können.

Phoenix aus der Asche

Doch dann verschlief Microsoft das Smartphone, der Aktienkurs rutschte von 2000 bis 2007 um ein Drittel nach unten. Das Windows Phone floppte, die Herstellun­g von Lumia-Handys, die man teuer von Nokia gekauft hatte, stellte man auch wieder ein.

Schließlic­h stieg Microsoft ins Cloud-Geschäft (Software und Speicherpl­atz im Internet) ein und zeigte der Welt, wie man sich neu erfindet. 2015 erreichte die Aktie wieder ein Rekordhoch, mit einem Börsenwert von 1,7 Billionen Dollar ist das Unternehme­n der drittgrößt­e Börsenkonz­ern der Welt (nach Apple und Saudi-Aramco).

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Microsoft (im Bild Firmenchef Satya Nadella bei einem Vortrag in Mumbai) will im Bereich Künstliche Intelligen­z eine größere Rolle spielen.
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