Vor den Australian Open wird für Trainings der Stars erstmals Eintritt verlangt. Geht der Veranstalter zu weit?
Trainings als neue Einnahmequelle
Melbourne/Wien. 58 Minuten. So lang hatte es gedauert, bis die Rod Laver Arena in Melbourne für das Showmatch zwischen Novak Djokovi und Nick Kyrgios am Freitagabend ausverkauft war. Als „The Arena Showdown“wird die Neuauflage des vorjährigen Wimbledon-Finals zwischen dem neunfachen Australian-OpenChampion und dem rüpelhaften Lokalmatador marketingwirksam hinaus in die Welt getragen.
Drei Tage vor Beginn der Australian Open ist dieses Spiel vor rund 15.000 Fans aus Sicht des Veranstalters der perfekte Appetizer für das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres. Allerdings: Wer Djokovi und Kyrgios beim locke
ren Schlagabtausch sehen will, der mussdieGeld börse öffnen. 20 australische Dollar sind für das bessere Training – und nichts anderes ist dieses Showmatch so kurz vor dem ersten wichtigen Turnier 2023–zubezahlen.
Wohin fließt all das Geld?
Verkauft wurden die Eintrittskarten unter dem Charity-Deckmantel. Die Einnahmen aus den Verkäufen, so erwähnte es der Veranstalter wirklich nur beiläufig in seiner Ankündigung des Spiels, werden der Australian Tennis Foundation zugutekommen. Eine gute Sache. Aber wie verhält es sich etwa mit den Erlösen aus der Gastronomie oder dem Merchandise an diesem Abend? Dazu ist nichts bekannt.
Der Auftritt von Djoković und Kyrgios am Freitag rundet eine aufgeblasene fünftägige Trainingsshow im Melbourne Park, der Anlage der Australian Open, ab. Denn bis Donnerstag können Besucher für zehn Dollar pro Person etwa Rafael Nadal, Daniil Medwedew, Stan Wawrinka, Alexander Zverev oder Dominic Thiem beim jeweils 75-minütigen Training zusehen.
Diese Einheiten sind keineswegs ungewöhnlich. Sie finden vor jedem Grand Slam, vor jedem Turnier statt. Der Unterschied: Diesmal ist die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen, sondern Tausende Fans können dem Prozedere beiwohnen. Nach einer kurzen Aufwärmphase wird ein Satz gespielt, mehr ist aufgrund des dichten Zeitplan sgarnichtmöglich.
Grand-Slam-Turniere sind seit jeher die Cashcows des Sports. TVRechte werden Jahr für Jahr wertvoller, Eintrittskarten teurer. In welchem Bereich aber lässt sich Tennis noch stärker kommerzialisieren? Showturniere samt dicker Schecks für die teilnehmenden Stars gibt es seit jeher.
Dass nun aber das Tor zum Training geöffnet und dieses bepreist wird, ist ein Novum. Dient die Sache rein dem guten Zweck, ist sie freilich legitim und zu begrüßen. Australien aber könnte mit seiner kommerzialisierten Trainingswoche eine neue Einnahmequelle erschlossen und einen Stein ins Rollen gebracht haben. Zumindest erscheint es realistisch, dass andere Veranstalter dem australischen Vorbild schon bald folgen.