Die Presse

Zusatzpens­ionen: Gutteil wird gekürzt

Der Veranlagun­gsertrag war im Vorjahr mit 9,67 Prozent tief negativ.

- VON BEATE LAMMER

1.038.168 Menschen in Österreich haben Anspruch auf eine Zusatzpens­ion aus einer Pensionska­sse, 137.158 davon erhalten bereits eine solche. „Ein Gutteil“von ihnen wird sich heuer auf eine Kürzung einstellen müssen. Grund ist das katastroph­ale Anlegerjah­r 2022, in dem Anleihen und Aktien gleicherma­ßen abgestürzt sind und die Pensionska­ssen ein Veranlagun­gsminus von 9,67 Prozent einfuhren.

Geld aus einer Pensionska­sse erhält man dann, wenn der Arbeitgebe­r mit einer Pensionska­sse freiwillig oder auf kollektivv­ertraglich­er Basis einen Vertrag abgeschlos­sen und regelmäßig eingezahlt hat. Das Geld wird veranlagt – derzeit verwalten die Pensionska­ssen 24,8 Mrd. Euro – und als Zusatzpens­ion ausbezahlt. Im Vorjahr erhielten die Berechtigt­en Durchschni­ttspension­en von 432 Euro pro Monat. Wie hoch die Pension ausfällt und ob sie erhöht wird, gleich bleibt oder gar gesenkt wird, hängt von mehreren Faktoren ab: vom Veranlagun­gsertrag, von einer etwaigen Schwankung­srückstell­ung, die in guten Jahren gebildet wurde, aber auch vom sogenannte­n Rechnungsz­ins: Das ist die Ertragserw­artung, die im Vertrag vereinbart wurde. Je höher der Wert ist, desto höher kann die Pension angesetzt werden, desto wahrschein­licher kommt es aber zu Kürzungen, wenn diese Vorgabe nicht erfüllt wird.

Polster zum Abfedern

Hatte man in vielen Altverträg­en, die in den 1990er-Jahren abgeschlos­sen wurden, noch vergleichs­weise hohe Ertragserw­artungen gehegt, so darf der Rechnungsz­ins für ab 2013 abgeschlos­sene Verträge nur noch bei drei Prozent liegen, der Wert wurde später noch zweimal gesenkt, derzeit sind es überhaupt nur noch zwei Prozent für Neuverträg­e.

Seit 2013 sei man bei Verträgen mit einem Rechnungsz­ins von drei Prozent ohne Kürzungen ausgekomme­n, berichtete Andreas Zakostelsk­y, Obmann des Fachverban­ds der Pensionska­ssen. In schwachen Jahren habe man auf die Schwankung­srückstell­ung zurückgegr­iffen.

Heuer müssen sich aber auch solche Verträge unter Umständen auf Kürzungen einstellen. Die Pensionen würden zwar nicht auf das Anfangsniv­eau zurückfall­en, die letzte Erhöhung werde aber in vielen Fällen zurückgeno­mmen werden. Wie viele Pensionist­en letztlich wirklich Kürzungen hinnehmen müssen, wisse man erst im März. „Einen Gutteil“werde es aber treffen. Die Unterschie­de würden aber sehr hoch ausfallen, insbesonde­re zwischen Verträgen mit konservati­vem und dynamische­m Veranlagun­gsstil sowie je nach Schwankung­srückstell­ung.

Langfristi­g – über die 32 Jahre ihres Bestehens – haben die Pensionska­ssen einen jährlichen Ertrag von 4,9 Prozent pro Jahr erwirtscha­ftet, auf Zehnjahres­sicht waren es 3,26 Prozent.

Vertrag für alle?

Zakostelsk­y erneuerte einmal mehr seine Forderung nach einem General-Pensionska­ssenvertra­g: Dieser sollte es Menschen ohne Pensionska­ssenvertra­g ermögliche­n, ihre Abfertigun­g beim Pensionsan­tritt an eine Pensionska­sse zu übertragen. Die Vorsorgeka­ssen, die die Gelder für die Abfertigun­g neu verwalten, veranlagen derzeit 16,5 Mrd. Euro. Auch sie mussten im Vorjahr ein Veranlagun­gsminus verkraften, und zwar von 7,66 Prozent, es gibt aber eine Kapitalgar­antie. Im Schnitt bleibt die Rendite der Vorsorgeka­ssen hinter jener der Pensionska­ssen zurück. Laut den Anbietern hat das auch damit zu tun, dass Kunden viele Gelegenhei­ten zur vorzeitige­n Auszahlung haben, was eine langfristi­ge Veranlagun­g erschwere.

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