Es geht nicht ums Klima, es geht um den verhassten Kapitalismus
Man muss schon reichlich naiv sein, um zu glauben, den Klimaklebern ginge es nur ums Klima. Viele von ihnen kleben vor allem an einer gescheiterten Ideologie.
Ein offenbar mit meiner eher pragmatischen denn hyperventilierenden Bewertung der Klimakrise höchst unzufriedener Leser schreibt mir dieser Tage: „Du bist doch nur ein bezahlter Speichellecker der Kapitalisten und der Neoliberalen! Menschen wie Du werden es in der Neuen Ökosozialistischen Ordnung sehr schwer haben!“
Leider weiß ich nicht, was mit „sehr schwer haben“genau gemeint sein könnte, es klingt ein wenig nach der Errichtung von Straflagern für Kohlendioxidverbrecher. Aber dass das Leben in einer Neuen Ökosozialistischen Ordnung kein Honigschlecken sein wird, und zwar für jedermann außerhalb der ökosozialistischen Nomenklatura, ist absolut nachvollziehbar: Jeder Sozialismus sieht ja auf dem Papier gut aus, außer wenn es ein Geschichtsbuch ist, wie der deutsche Historiker Rainer Zitelmann spottet. Und leider weiß ich auch nicht, ob jener Leser Teil der radikalen hiesigen KlimaretterSzene ist – aber die zustimmende Verwendung des Begriffes „Ökosozialistisch“deutet in diese Richtung.
Das ist insofern interessant, als von Tag zu Tag besser sichtbar wird, dass es jedenfalls bei Teilen der Bewegung, die vordergründig so unideologische Forderungen wie „Tempo 100“oder höhere Öko-Steuern erhebt, nicht um ökologische, sondern radikale politische Ziele geht. Nicht nur der Klimawandel soll bekämpft werden, sondern vor allem der Kapitalismus und die soziale Marktwirtschaft der westlichen Welt. Karl Marx wurde dieser Logik folgend erst jüngst auf einem „Spiegel“-Cover zu einer Art coolem Aktivisten der Letzten Generation umdefiniert. Nicht um die Durchschnittstemperatur des Planeten in 100 Jahren geht es hier im Kern, sondern um die Errichtung eben jener „Neuen Ökosozialistischen Ordnung“.
Viele der Klimakleber und ihrer Anführer sprechen das auch offen aus. „Menschen, die sich mit der Klimafrage beschäftigen, stellen irgendwann auch die kapitalistische Wirtschaftsweise infrage“, merkt etwa die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer schon vor einiger
Zeit an, und auch ihre Kollegin Carla Reemtsma will sich „wieder kollektiv um Dinge kümmern“, befürwortet also ein als „Kollektivismus“historisch gescheitertes Konzept, das allerdings im Milieu der hanseatischen Kaschmir-Kids offenkundig trash-chic rüberkommt.
Dass der „Neue Ökosozialismus“wie jeder Sozialismus eine Mangelwirtschaft wird, konzedieren selbst seine Fürsprecher. Die linke deutsche Publizistin Eva Herrmann beschreibt in ihrem jüngsten Bestseller „Das Ende des Kapitalismus“detailliert, was uns in der Planwirtschaft erwartet. 2500 Kalorien am Tag seien genug, 500 Gramm Obst und Gemüse, 232 Gramm Vollkorngetreide oder Reis, 13 Gramm Eier, sieben Gramm Schwein: „Auf den ersten Blick mag dieser Speisezettel etwas mager wirken, aber die Deutschen wären viel gesünder.“Staatlich rationiert oder gleich verboten werden in diesem Neuen Ökosozialismus natürlich auch Flüge, Autos und so ziemlich alles, was Spaß macht. „Wenn Ökostrom knapp bleibt, sind Flugreisen und private Autos nicht mehr möglich“, meint Herrmann. „Man könnte notwendige Reparaturen selbst durchführen und Kleider nähen. Viele Gebrauchsgegenstände würde man mit den Nachbarn teilen, z. B. Rasenmäher, Bohrmaschinen oder Bücher.“
Staatlich rationiert oder ganz verboten werden im Neuen Ökosozialismus natürlich auch Flüge, Autos und alles, was Spaß macht.
Das klingt nicht nur wirr, es ist wirr. Es wäre aber ein Fehler, das als letztlich irrelevantes Kuriosum zu betrachten, das ohne Relevanz ist. Denn was wir hier beobachten können, ist ein systematischer Versuch der äußersten Linken, deren fatale politische Visionen 1989 spektakulär gescheitert waren, nun eine Art ideologisches „Greenwashing“zu betreiben, die Klimaschutzbewegung zu kapern und zu übernehmen und damit das ihnen verhasste System des Kapitalismus und der freien Marktwirtschaft abzuschaffen. Und durch einen „Neuen Ökosozialismus“zu ersetzen, in der nicht nur wir „Speichellecker des Kapitalismus“es nicht leicht haben werden.