Nato-Panzer stecken weiter fest
Westen scheitert an Beschluss zu Kampfpanzerlieferung, vor allem die USA und Deutschland blockieren. Berlin spielt auf Zeit, lässt allerdings alle Möglichkeiten offen.
Ramstein/Berlin/Kiew. Rollen sie? Oder rollen sie nicht? Das war am Freitagmorgen die große Frage, bevor einander Vertreter aus etwa 50 Staaten und Institutionen, die die Ukraine im Krieg gegen Russland materiell unterstützen, auf der großen US-Nato-Luftwaffenbasis Ramstein (Rheinland-Pfalz) zu einem neuen Gipfel trafen.
Am Nachmittag war dann klar: Sie rollen – noch – nicht. Also jene Kampfpanzer primär der Typen Leopard (Deutschland) und Abrams (USA), um die Kiew seit Monaten fast händeringend bittet, sie zuletzt aber immer offensiver fordert. Der neue, seit wenigen Tagen amtierende deutsche Verteidigungsminister, Boris Pistorius, wich den Forderungen, die auch etwa von Polen und Finnland offen unterstützt werden, aus. Er will offenbar Zeit herausschinden. Pistorius kündigte an, man werde die Leopard-Bestände der Bundeswehr sowie der Rüstungsfirmen (KMW, Rheinmetall) prüfen. Zudem seien entsprechende Abmachungen mit anderen Staaten (primär Leopard-Betreibern wie Spanien, Griechenland, Polen, Finnland) nötig; beim Gipfel habe es keine Vereinbarung und keine einheitliche Position gegeben. Solle sich so eine einstellen, werde man sicher „sehr rasch“entscheiden, sagte Pistorius. Nur: „Ich weiß nicht, wie die Entscheidung aussehen wird.“Allerdings schob Pistorius etwas Wichtiges nach: Andere Staaten dürften jedenfalls Ukrainer an ihren Leos ausbilden.
Auch die USA werden vorerst keine Kampfpanzer anbieten. Das taten bisher nur die Briten, in Form einer mageren Panzerkompanie von 14 Challenger 2. Pistorius betonte, dass es kein Junktim einer Leopard-Lieferung oder der Freigabe von Lieferungen durch andere mit den US-Panzern gebe.
Kampfpanzer bündeln
In der Nato plus Finnland und Schweden gibt es etwa 2000 Leopard 2; die Bundeswehr hat aktiv ca. 270, dazu kommen wohl ein, zwei Dutzend bei den Firmen. Es gibt die Idee, jeweils eine kleine Menge Panzer mehrerer Länder zu einer größeren Einheit zu bündeln und der Ukraine zu geben. Vor allem Berlin mauert nicht zuletzt, weil man eine extreme Reaktion Russlands fürchtet und das Hightechgerät ungern erbeutet sehen will. Die USA haben samt Reserven mehr als 5500 Abrams, eine niedrige dreistellige Zahl davon ist aktuell in Europa. Obwohl Verteidigungsminister Lloyd Austin in Ramstein eine flammende Rede für Waffenhilfe gehalten hat, wird diese eben auch noch keine Abrams umfassen. Der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskij, sagte bei einer Videoschaltung in die Konferenz, wo Österreich durch Beobachter vertreten war, dass der Westen mit Panzerhilfe „Geschichte schreiben“könne, nicht um Zahlen feilschen möge: Man (gemeint war primär Berlin) möge eine Lieferung nur prinzipiell ermöglichen, dann werde sich der Rest ergeben. Ukraines Vizeaußenminister und Ex-Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, gab sich rauer: Die deutsche Regierung und Pistorius mögen das „Panzer-Kasperltheater“beenden, den Widerstand einstellen. Berlin solle sich nicht immer hinter den Amerikanern verstecken und sein Land „vorbehaltlos mit allen verfügbaren Waffen stärken“. Zuvor hatte es aus Polen geheißen, dass man Leo-Panzer vielleicht auch ohne deutsche Erlaubnis abgeben werde.
Abgesehen davon schnürte man in Ramstein ein weiteres milliardenschweres Hilfspaket, das unter anderem Flugabwehrraketen und -Kanonen, Hubschrauber, Schützenpanzer (darunter 60 amerikanische Bradleys und 50 extrem kampfstarke schwedische CV90), Stryker-Radpanzer der USA und mobile Artillerie enthält.
Pistorius soll dieses Panzerkasperltheater beenden.
Der ukrainische Vizeaußenminister, Andrij Melnyk, will ein Ende des deutschen Zögerns bei Leopard-Lieferungen.
Paris steigert Militärbudget
Frankreichs Präsident, Emmanuel Macron, hat derweil angekündigt, das Militärbudget von zuletzt 295 Milliarden Euro in der Periode 2019–25 auf satte 400 Milliarden (2024–30) zu erhöhen. Man reagiere damit auf die Weltlage und die jahrzehntelange Unterfinanzierung des Militärs, sagte Macron.