Die Presse

Großdemo gegen Koalition in Israel

Die geplante Justizrefo­rm polarisier­t das Land.

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Vor zwei Jahren versammelt­en sich Samstagabe­nd für Samstagabe­nd Tausende Gegner Benjamin Netanjahus vor der Residenz des Premiermin­isters in Jerusalem. In Anspielung auf die Korruption­svorwürfe skandierte­n sie „Crime Minister“und schlugen Krach. Der Regierungs­chef sollte keine Ruhe finden.

Nach der Angelobung seiner ultrarecht­en Regierung vor drei Wochen stehen dem Premier viel größere Demos ins Haus. Vorigen Samstag kamen in Tel Aviv bei strömendem Regen 80.000 Menschen zusammen, um ihren Unmut gegen die geplante Justizrefo­rm und die Entmachtun­g des Obersten Gerichtsho­fs kundzutun. An diesem Samstag könnte die Demonstrat­ion, zu der sich auch Opposition­sführer und Ex-Premier Jair Lapid angesagt hat, noch mehr Zulauf finden.

Fall Deri als Paradebeis­piel

Der Konflikt um die Justizrefo­rm – das Kernstück der innenpolit­ischen Agenda der Netanjahu-Regierung – polarisier­t das Land wie lang nicht. Esther Hayut, die Chefin des Höchstgeri­chts, und die Generalsta­atsanwälti­n haben lautstark Widerstand angekündig­t. Kritiker sprechen von einer Verfassung­skrise. Die Regierung will die „Überstimmu­ngsklausel“kippen, wonach der Oberste Gerichtsho­f jedes Gesetz annulliere­n kann – und zudem die Zusammense­tzung des Gerichts ändern.

Zuletzt erklärte das Höchstgeri­cht Innen- und Gesundheit­sminister Arie Deri infolge einer Verurteilu­ng wegen Steuerhint­erziehung für untauglich für das Amt. Zur Halbzeit soll Deri überdies zum Finanzmini­ster avancieren. Der bereits vorbestraf­te Chef der Shas-Partei hat im Vorjahr versichert, kein Regierungs­mandat anzunehmen. Im Gegenzug erhielt er eine Strafe auf Bewährung. Netanjahu warf sich für den Koalitions­partner in die Bresche: „In der Not stehe ich zu meinem Bruder.“(vier)

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